Gastronomen, Behördenvertreter und Politiker wollen mit regelmäßigen Treffen die Probleme in der Partyszene aufzugreifen und zu lösen. Die Theodor-Heuss-Straße, der Hans-im-Glück-Brunnen und das Bosch-Areal stehen besonders im Fokus.

Stuttgart - Das hat es in Stuttgart seit fast sechs Jahren nicht mehr gegeben: Am Mittwoch trafen sich Gastronomen, Vertreter der Gaststättenbehörde, die Bezirksvorsteherin, die Polizei und die Stadtverwaltung am Runden Tisch im Rathaus. Sie waren sich einig, dass Vertreter dieser Runde künftig regelmäßig zusammenkommen sollen. Einmal im Monat wird ein Arbeitskreis tagen, an dem Probleme und Sorgen rund um die Ausgehviertel in der Innenstadt diskutiert werden, zum ersten Mal am 4. März.

 

Für die Gastronomen sprechen Betreiber von Lokalen an der Theodor-Heuss-Straße, am Hans-im-Glückbrunnen, im Bosch-Areal und von Clubs mit Schwerpunkt auf Live-Musik und DJs. Vertreter der Gaststättenbehörde, der Polizei, Streetworker, der Referent des Ordnungsbürgermeisters, ein Vertreter der kommunalen Kriminalprävention und die Bezirksvorsteherin ergänzen die Runde.

Was die Clubbetreiber denken

Ninette Sander vom Club Schocken lobte das „konstruktive Klima“ und die Dialogbereitschaft aller Beteiligten: „Wir freuen uns, dass die Polizei und der Ordnungsbürgermeister Martin Schairer so entspannt auf ihre Sicht der Dinge hingewiesen haben. Wir sind auf einem guten Weg.“ Sander sagte aber auch darauf hin, dass die Probleme, von denen die Behördenvertreter sprechen, nicht alleine von der Gastronomie ausgehen würden. Gemeint sind die Vermüllung der Innenstadt und alkoholisierte, gewaltbereite Jugendliche.

Das sieht auch Jean Theodorou (Keller Klub, Rocker 33) so: „Das Problem ist doch das Trinken an öffentlichen Plätzen. Das wird verursacht durch junge Heranwachsende ohne Kinderstube, die als Vergnügungstouristen in die Stadt kommen, Autorennen fahren, sich daneben benehmen und anschließend wieder in ihr Dorf zurückkehren, wo sie brav sind.“ Theodorou befürchtet, dass die Stadt einen Teil der Probleme auf die Gastronomen abwenden will: „Sich mit Korn aus dem Supermarkt auf die Wiese vor dem Boschareal zu setzen, ist nicht mein Verständnis von Ausgehkultur. Das Vorglühen ist aber das eigentliche Problem.“

„Das Vorglühen ist ein Problem“

Die Ordnungshüter und die Verwaltung sehen die Dinge jedoch ähnlich: Martin Schairer und der Polizeipräsident Thomas Züfle halten ein Alkoholverbot an öffentlichen Plätzen für einen Lösungsansatz, der das Vorglühen unterbinden würde. Auch die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle ist dafür. Allerdings, so Kienzle, sei das Trinken in der Öffentlichkeit nicht losgelöst von der Clubszene zu betrachten: „Wenn Jugendliche vor den Clubs stehen und feiern, besteht ein Zusammenhang.“

In den Clubs und Lokalen sieht die Verwaltung noch einigen Verbesserungsbedarf. Bei den Kontrollen im vergangenen Jahr habe es in vielen Fällen Beanstandungen an den Notausgängen gegeben. Mal waren diese verstellt, mal kein Griff angebracht. „Die Betreiber sind dabei, die Mängel zu beheben“, so Schairer. An den Eingängen standen Türsteher, die mit Quarzsand verstärkte Handschuhe trugen oder Schlagstöcke dabei hatten. „Das dient nicht gerade der Deeskalation“, so Schairer. Insgesamt lasse „die Qualität der Zugangskontrollen zu wünschen übrig“, bemängelt er. Auch gebe es Probleme beim Jugendschutz genommen. In knapp 50 Fällen wurde bei Testkäufen Alkohol ausgeschenkt.

„Stolz auf attraktive Clubszene“

Beim Runden Tisch wurde auch Betretungsverbot nach dem Vorbild der Stadt München diskutiert. Die bayerische Landeshauptstadt hat in der Vergangenheit mit der Maßnahme, bei der ein straffällig gewordener Störer mit Gerichtsbeschluss einen ein Jahr geltenden Platzverweis ausgesprochen bekommt, beim Oktoberfest gute Erfahrungen gemacht. „Eigentlich wollen wir aber keine weiteren Verbote oder Kontrollen. Wir sollten stattdessen gemeinsam herausfinden, wo die leichte Bereitschaft zur Aggressivität bei manchem herrührt“, sagt Jean Theodorou.

Positiver Effekt des Treffens im Rathaus: Der Austausch zwischen den Gastronomen hat sich laut Sander vom Schocken mit dem Runden Tisch verbessert, nachdem zuvor nicht alle Gastronomen an einem Strang gezogen hatten. Sander setzt große Hoffnung in die nun vereinbarten regelmäßigen Treffen. Nicht nur sie: „Wir sind auf die attraktive Clubszene stolz und wollen sie erhalten. Dafür ist der Dialog gut“, sagte Martin Schairer nach der Zusammenkunft.