Die Stuttgart-21-Baustelle verunsichert die Anwohner im Kernerviertel. Sie befürchten Schäden an ihren Immobilien. Im Quartier liegt aber noch einiges mehr im Argen, wie der Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle bei einem Besuch erfahren durfte.

Lokales: Sybille Neth (sne)

S-Mitte - Die Bewohner des Kernerviertels stöhnen schon lange unter der Verkehrsbelastung. Deshalb führte kürzlich der turnusmäßige Stadtbezirksrundgang von Bezirksbeiräten, Bezirksvorsteherin und interessierten Bürgern – dieses Mal in Begleitung des Verwaltungsbürgermeisters Werner Wölfle – hierher. Das Hauptthema war die Verkehrsbelastung und deshalb startete die Gruppe am Stöckach an der Feinstaubmessstelle beim Dunantsteg in der Cannstatter Straße. Europaweit wird hier die höchste Feinstaubbelastung registriert.

 

Derzeit sorgt aber vor allem die Stuttgart-21-Baustelle für Unmut, denn mancher Bewohner bangt hier um seine Immobilie, wegen etwaiger Schäden durch die teilweise Untertunnelung. Hinzu kommen Belastungen durch das Grundwassermanagement. Dafür wird Wasser vom Kessel bis zur Haußmannstraße hoch gepumpt, damit es in dem Hang über der Werastraße wieder versickern kann. Die blauen Rohre queren etwa in Höhe des ersten Stockwerks der Häuser zum Beispiel die Kernerstraße. Am Schützenplatz schließlich wurde der Tross um Wölfle von S 21-Gegnern mit einem Transparent mit der Aufschrift „Hände weg vom Kernerviertel“ empfangen.

Nur einige Geschäfte sind übrig geblieben

In den vergangenen Jahren hat sich das Viertel auch zusehends zur Einkaufswüste entwickelt. Neben verschiedenen Bäckern sind ein Obst-und Gemüsehandel sowie ein Fischgeschäft in der Nähe der Friedenskirche als einzige Lebensmittelgeschäfte übrig geblieben. Wenn das türkische Konsulat in absehbarer Zeit vom Kernerplatz wegzieht, befürchtet Wölfle, dass noch mehr Ladengeschäfte schließen werden. Bisher waren sie Anlaufpunkt für jene, die lange Wartezeiten für ihre Erledigungen im Konsulat in Kauf nehmen mussten. Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle will alle Möglichkeiten ausschöpfen, um zu verhindern, dass sich in den leer stehenden Läden Spielhallen ansiedeln. „Überall in den Bezirken werden Spielhallen unterbunden. Aber die Verwaltung sucht Standorte. Wir wollen nicht, dass sich diese Klientel dann hier festsetzt“, sorgt sie sich.

Karl Stephan Quadt (SPD) und Rita Krattenmacher (SÖS/Linke) hatten die Themen für die sechs Stationen des Rundgangs vorbereitet und trugen Wünsche des Bezirksbeirats vor, die schon viele Jahre auf der Agenda stehen. So will der Bezirksbeirat an der Ecke Friedensstraße/ Landhausstraße die ihrer Ansicht nach unnötige Linksabbiegerspur stilllegen. Statt dessen soll die so frei werdende Fläche zusammen mit der Verkehrsinsel eine kleine grüne Oase für Fußgänger mit Bänkchen werden. Auf der Wunschliste steht hier auch eine Tempo-30-Zone. Ein entsprechender Vorstoß ist schon einmal gescheitert, weil die Strecke auf der Route der Buslinie 42 liegt und eine Geschwindigkeitsbeschränkung Folgen für den gesamten Busfahrplan hätte. „Das ist eine alte Diskussion mit der SSB“, berichtet Wölfle.

Jeder gepflanzte Baum ist wichtig

Tatsächlich besteht eine Ideenskizze, die zusammen mit den Bürgern erarbeitet wurde und deren Inhalt die fußgänger- und radfahrerfreundlichere Gestaltung dieses Bereichs zum Inhalt hat. Für die Luftverbesserung im Viertel sei jeder neu gepflanzte Busch und jeder Baum von großer Bedeutung, betont Quadt. „Der Feinstaub lagert sich auf Blattflächen ab. Deshalb brauchen wir so viel Grün wie möglich.“

Am Schützenplatz wünscht sich der Bezirksbeirat seit langem einen Kreisverkehr, dem jedoch etliche Parkplätze zum Opfer fallen würden. „Die Anwohner gehen deshalb auf die Barrikaden“, sagt Quadt, der selbst im Kernerviertel wohnt. „Wir haben im Viertel schon lange das Anwohnerparken. Das hat sich bewährt, zum Beispiel in der Werastraße“, sagt er. Verständnis für Proteste gegen wegfallende Parkplätze für Zweitwagen und für Pendler habe er keines und der Bezirksbeirat fordert die Einführung des Parkraummanagements in Mitte.