Die EnBW hat sich schon früh beim Kanzleramt nach ihrem russischen Geschäftspartner Andrey Bykov erkundigt. Dieses holte daraufhin eine Auskunft beim BND ein.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die EnBW-Spitze hatte offenbar schon früh Zweifel an ihrem russischen Geschäftspartner Andrey Bykov, der jetzt im Mittelpunkt der Affäre um undurchsichtige Russland-Geschäfte steht. Diesen Schluss zieht die Grünen-Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Fraktion. Danach gab es bereits 2003/2004 einen Kontakt zwischen einem Konzernvertreter und einem Spitzenbeamten des Kanzleramtes, die noch am gleichen Tag zu einer Personenanfrage nach Bykov beim Bundesnachrichtendienst führte. Über deren Ergebnis wird nichts mitgeteilt, „ein Gesprächsvermerk liegt nicht vor“, teilt die Regierung mit.

 

Der Gesprächspartner im Kanzleramt war der Antwort zufolge der Abteilungsleiter Ernst Uhrlau, der später Chef des Bundesnachrichtendienstes wurde. Beim Vertreter der EnBW, dessen Name in der Antwort nicht genannt wird, handele es sich um den damaligen Generalbeauftragten Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Damit dürfte der frühere „Spiegel“-Journalist Jürgen Hogrefe gemeint sein, der diese Funktion unter dem Konzernchef Utz Claassen (seit 2003) übernahm. Hogrefe galt als ein enger Vertrauter von Claassen, der mit den überwiegend in seiner Amtszeit abgeschlossenen Russland-Geschäften nicht in Verbindung gebracht werden will. Angesichts der frühen Zweifel an Bykov fragt sich die Abgeordnete Kotting-Uhl, „warum man trotzdem noch jahrelang mit ihm im Geschäft blieb“.

Regierung weiß nichts von Empfehlung

Ausweichend antwortet die Bundesregierung auf die Frage, ob der Kontakt zwischen Bykov und deutschen Energiemanagern Mitte der neunziger Jahre vom Bundesforschungsministerium vermittelt worden sei. Dies lasse sich mit vertretbarem Aufwand nicht mehr recherchieren. In einem internen Prüfbericht der EnBW heißt es, der frühere Atommanager Wolfgang Heni – eine Schlüsselfigur der Affäre – sei damals auf Empfehlung des Ministeriums mit Bykov in Kontakt gekommen. Bykov sei damals noch im diplomatischen Dienst Russlands an der Botschaft in Bonn tätig gewesen. Später machte er sich als Lobbyist selbstständig. Als die EnBW 2001 Zugang zu russischem Gas suchte, habe er sich als „Vermittler und Berater“ zur Verfügung gestellt.

Nicht bestätigt werden von der Bundesregierung Angaben Bykovs, er habe mit einer Intervention beim Berliner Finanzministerium Privatisierung und Verkauf der Energiewerke Nord verhindert. Dabei handelt es sich um eine Spezialfirma für den Rückbau von Kernkraftwerken in Mecklenburg-Vorpommern.

Solche Äußerungen seien im Ministerium nicht bekannt, heißt es in der Anwort. Es habe dafür auch keinen Anlass gegeben, weil ein Verkauf nicht geplant gewesen sei. Bykov will den Einstieg einer französischen Firma verhindert haben. Er sieht in dem Vorgang eine Parallele zum EnBW-Deal, wo ebenfalls befürchtet worden sei, er könne den Rückkauf der Anteile der EdF durch das Land hintertreiben. Damit erklärt er sich die Auseinandersetzungen mit der EnBW um Verträge im Wert von 130 Millionen Euro. Die Russland-Geschäfte der EnBW beschäftigen derzeit die Staatsanwaltschaft.