So viele Klassen wie noch nie haben am Gymnasium begonnen. Allein 43 Schüler kommen wegen des G-9-Abiturs aus Leonberg. Obwohl die Grundschulempfehlung nicht mehr verbindlich ist, sind die Noten nicht schlechter geworden.

Rutesheim - Theoretisch besuchen gegenwärtig 381 Fünftklässler das Gymnasium in Rutesheim. Doch 169 unter ihnen sind es nur noch bis zum Wochenende – mit dem Ende der Herbstferien sind sie dann richtige Sechstklässler. „Nach den Ferien wechseln wir die Schulbücher“, sagt der Schulleiter Jürgen Schwarz.

 

Das hängt mit G 9 zusammen, denn die Schule hat die aufwendigste Form gewählt, den Unterrichtsstoff in neun anstatt acht Schuljahren zu bewältigen. Der ist für G 8 und G 9 nämlich identisch. Im Rutesheimer Gymnasium, das im Januar 2013 die Zusage für G 9 bekam, wurde nicht zwischen Klasse sieben und acht ein weiteres Schuljahr eingeschoben. „Das ist ein Alter, in dem erfahrungsgemäß viele Kinder Probleme durch die Pubertät haben“, weiß Schwarz. Doch die Rutesheimer Schule praktiziert das Modell, bei dem den Gymnasiasten jedes Schuljahr sechs Wochen mehr Zeit zur Verfügung gestellt wird, um den Inhalt des Bildungsplans zu vertiefen.

„Sie wandern fleißig hin und her“

Aber auch 212 Fünftklässler sind eine Herausforderung, der sich die Schule stellen muss, seit sie zu den 42 Gymnasien im Land gehört, die wieder G 9 anbieten. „Manche Eltern könnten meinen, dass nach der behüteten Grundschule die Kinder zu viel allein gelassen werden“, sagt Schwarz. Vier der sieben Klassen 5 sind in den Pavillons des Schulzetrums und drei im Hauptgebäude untergebracht. „Und sie wandern fleißig hin und her“, so der Schulleiter. Die Schülerströme zu koordinieren, die Jüngsten an die Laufwege zu gewöhnen und sie dazu zu bringen, organisiert mit dem Unterrichtsmaterial umzugehen, sei am Anfang nicht einfach, weiß der Pädagoge. „Sie müssen selbst die Schule erkunden und die Wege finden, denn das gehört zum Leitbild für die Klassen 5 und 6 – ich orientiere mich an der neuen Schule, denn wir werden eine Gemeinschaft“, erläutert der Schulleiter Jürgen Schwarz.

Doch nach den sechs Wochen Unterricht seien auch die 212 Fünftklässler in der Schule angekommen, davon ist der Rektor überzeugt. „Sie haben mittlerweile auch die Mensa erobert“, weiß er. „Es ist immer wieder eine Freude, wenn sie einen mit den Augen suchen, damit wir sie grüßen“, sagt Schwarz. Probleme gebe es auch mit 212 Fünftklässlern keine, es sei alles wie bisher, nur eben ein paar Neue mehr, bringt es der Chef von fast 100 Lehrern auf den Punkt. Insgesamt besuchen gegenwärtig rund 1100 Schüler das Gymnasium, mehr als 700 davon sind nicht aus Rutesheim.

Schüler lernen das Lernen

Eine positive Bilanz zum Thema Wegfall der Grundschulempfehlung ziehen Jürgen Schwarz und Alf Eberhardt, der seit September neuer Stellvertreter ist. „Die Noten sind nicht schlechter geworden als mit der Empfehlung, selbst in Mathe gab es keine Abstürze“, so Eberhardt. „Es gibt nur mehr Schüler, auf die individuell geachtet werden und denen man helfen muss, das Lernen zu lernen“, sagt Schwarz. Das sei kein Phänomen von G 9 oder dem Wegfall der Grundschulempfehlung. „Die Lehrer sagen, dass sei der gesellschaftlichen Entwicklung geschuldet“, so Schwarz. „Die Eltern begleiten die Kinder sehr lange sehr gut“, formuliert es Schwarz diplomatisch.

Gute Erfahrung macht die Schule seit Jahren mit dem System der Doppelstunde. „Der Unterricht verläuft rhythmischer und ruhiger und die Schüler müssen nicht so viele Bücher herumtragen“, sagt Schwarz. Alf Eberhard ist begeistert von der Ausstattung der Schule. In 30 der 38 bisherigen Klassenzimmer hat die elektronische die herkömmliche Tafel ersetzt. „Es gilt, nicht nur die Bildungsinhalte der gesellschaftlichen Entwicklung anzupassen, sondern auch die Ausstattung an die Seh- und Mediengewohnheiten der Jugendlichen.“