Sonst steht er mit Frank Wiedemann als Electronica-Duo Howling auf der Bühne - in Stuttgart war er allein: Der australische Sänger RyX performte vor 250 Zuschauern im Club Schocken. 

Stuttgart - Es ist dieser eine Song, der sich die letzten zwei, drei Jahren wohl durch so manchen Kopf gezogen hat: schwere Basstöne, die durch simple Gitarrenakkorde unterbrochen werden, punktierte Synthesizersounds und diese hohe Männerstimme, die sich zitternd durch das Stück bewegt. "Huh, huh, blush" - Gänsehaut, Herzklopfen. Das hat zumindest Electronica-Duo Howling bei ihrem gleichnamigen Song geschafft und auch bei ihrem letzten Auftritt in Stuttgart - Sommer 2015.

 


Howling - 'Howling' (official video) von howling

Doch dieses Jahr gehen der deutsche Produzent/DJ Frank Wiedemann und der australische Sänger/Songschreiber RyX getrennte Wege. "Auch wenn ich die Arbeit mit Frank sehr schätze, mache ich dieses Jahr Solo weiter", sagt RyX, als er am Samstagabend im Stuttgarter Club Schocken steht. Und so ganz allein ist er auch nicht: mit Schlagzeuger und Organist steht er auf der Bühne. Fast das gleiche Trio wie damals im Club Cann, nur Wiedemann bedient nicht mehr Tasten und Knöpfe. Aber RyX soll auch eine andere Nummer sein, oder nicht?

Freilich, die Stimme, die auch das Hauptmerkmal von Howling ist, bleibt. RyX heult, säuselt und spricht im Schocken von Liebe, Leid und Leidenschaft. Er zupft an der Gitarre, hält die Augen verschlossen und lässt seine Band mit Tönen spielen, die ihn wie ein Vakuum umgeben. Am Bühnenrand sitzen ein paar Mädchen. Kerzen zieren die Bühne. Ein Seufzen aus dem Publikum und statt geschwätzt, wird plötzlich nur noch geknutscht. "Das ist halt Schlafzimmermusik", sagt eine Zuschauerin, während sie an ihrem Glas Wein nippt. Nur noch dumpfe Orgeltöne können RyX und Zuschauer aus einer Art Trance ziehen.

Aus dem Publikum zischt es: "Oh, Gott!"

Das Repertoire bedient sich auch simplen und komplexen Stücken - Off-Beats sind der Schwerpunkt des Schlagzeugers, RyX spielt mit Loops, die Stimme trägt sich weiter. Und während man sich fragt, welcher Sänger noch so eine hohe, beachtliche Kopfstimme hat, zischt es aus dem Publikum: "Oh, Gott!" RyX spielt das Stück "Sweat", zieht dabei seine schwarze Lederjacke aus, steht in einem weißen Tank-Top da und greift zum Mikrofon: "You're making me sweat, sweat, sweat my heart down deep into your soul..." Wie war das nochmal mit der Schlafzimmermusik?

Rund eine Stunde erhitzt RyX die Gemüter von 250 Fans im Club Schocken. Mit seichten Liedern seiner ersten EP "Berlin" etwa, neuen Songs ("Only") aus seinem kommenden Album oder elektronischen Werken ("Shortline") aus der Platte mit Wiedemann. Auffallend ist, dass gerade die Songs mit elektronischem Bett der zitternden Stimme RyX mehr Power geben. Sein Gesang drängt sich besser durch Raum und Herz - die Füße wippen leicht im Takt. Doch an diesem Abend bleibt es ruhiger im Club. Romantik hängt schließlich in der Luft. Die Augen von Zuschauer und Sänger bleiben geschlossen, jeder in seiner eigenen Welt - bis der Organist sie wieder aus der Trance holt.

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