Der geplante Schallschutz für den S-21-Filderabschnitt sorgt in Leinfelden-Echterdingen für Wirbel.

Leinfelden-Echterdingen - Zwei bis vier Meter hohe Wände sollen an nicht wenigen Stellen in Leinfelden-Echterdingen hoch gezogen werden. Sie sind Bestandteil eines Schallschutzkonzeptes, welches Heiko Siebenschuh von der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH, am Mittwochabend dem Gemeinderat präsentiert hat. Die Bauten sollen am Echterdinger Bahnhof, in Leinfelden am Neuen Markt im Bereich Markomannenstraße/Schützenweg, vor dem Orchideenhaus und auch entlang der Bahnhofstraße, der Rohrer Straße sowie am Oberaichener Bahnhof: Keßlerwiesen und Dürrlewangweg entstehen.

 

Diese konventionellen Maßnahmen sollen laut Siebenschuh mit innovativen Formen des Lärmschutzes kombiniert werden. Ein Beispiel dafür ist eine Schienensteg-Abschirmung. Ein Mantel aus beschichtetem Stahlblech soll hier wie eine Art Minischallschirm direkt an der Schiene wirken. Zudem ist geplant, bestimmte Abschnitte besonders zu überwachen und dort die Schienen bei Bedarf nachzuschleifen. Gegen ein Rattern der Räder soll eine Schienenschmieranlage helfen.

Mit diesem Maßnahmenpaket will die Bahn Bürger, die an der Schiene des S-21-Abschnittes zwischen dem Flughafen und der Rohrer Kurve wohnen, vor Lärm schützen. In Oberaichen sollen zudem die Unterseiten der Bahnschwellen mit Kunst- und Schaumstoffen versehen werden. Die „besohlten Schwellen“ sollen helfen, die Erschütterungen gering zu halten.

Das Ortsbild wird nicht schöner

Siebenschuhs Präsentation führte dem Gremium die Wirkung der Schallschutzwände deutlich vor Augen. Klar ist: Die Bauten werden das Ortsbild nicht schöner machen. Zumal die Wände nicht durchsichtig sein werden. Denn Glas absorbiere den Schall nicht, sondern würde ihn sogar noch reflektieren, wie Baubürgermeisterin Eva Noller und der langjährig für die Stadt tätige Gutachter Michael Koch ausführten.

Stadträte und Mitglieder der von der Stadt eingerichteten Arbeitsgruppe Stuttgart 21 zeigten sich von den Plänen allerdings wenig begeistert. Zum Verständnis: Der Gemeinderat und die Verwaltungsspitze hatten sich in der Vergangenheit zwar sehr stark für einen Lärmschutz am S-21-Filderabschnitt eingesetzt. Sie hatten sich aber auch gegen meterhohe Lärmschutzwände in L.-E. ausgesprochen.

Siegfried Böhme von der AG S 21 sagte: „Wir haben schon einiges ertragen müssen.“ Dass man jetzt aber ein Stück Berliner Mauer in Leinfelden hingesetzt bekomme, das sei das Letzte. Claudia Moosmann, Filderpiratin und Vorsitzende des Vereins Lebenswertes L.-E., sagte: „Das sieht aus wie ein Knast – ich bin erschüttert.“ Eine solche Planung sei bereits 1998 der Grund gewesen, warum sie sich für eine alternative Trasse ausgesprochen habe.

SPD-Fraktionsvorsitzender Erich Klauser erklärte: „Wir haben Schallschutz gefordert. Jetzt kommt er. Dass er nicht schön werde, war auch immer klar.“ Dennoch müsse man darüber noch einmal reden. Katja Fellmeth (CDU) sprach von einer massiven Verbesserung der Planung. An die optische Wirkung der Wände müsse man sich aber noch gewöhnen. Insbesondere für den Oberaichener Bahnhof kritisierte sie, dass man von außen gar nicht mehr sehen könne, was an den Bahnsteigen passiere. Wolfgang Haug (L.E.-Bürger/FDP) wollte wissen: „Ist dies alternativlos oder eine Billiglösung?“

Der Hintergrund: Die Planung auf den Fildern wurde in zwei Abschnitte aufgeteilt. Projektpartner Bahn, Land, Stuttgart und Region haben sich auf die Variante Drittes Gleis geeinigt. Diese soll bis 2023 fertig sein. Die Bahn betrachtet den Streckenumbau zwischen Flughafen und Rohrer Kurve im neuen Verfahren als Neubaustrecke. Der bisher gewährte Schienenbonus fällt damit weg. Anlieger müssen also nach den allgemeinen Richtlinien vor Lärm geschützt werden. Bahn-Anwalt Peter Schütz sagte dazu: „Sie haben für den Schallschutz gekämpft. Nun sind wir in der Situation, dass wir Schallschutz machen müssen. Und zwar im Sinne der Menschen, die dort wohnen und nicht im Sinne einer Stadtgestaltung.“ Noller ergänzte: „Wir haben viel erreicht“. Nun aber sei die Gesundheit der Bürger am wichtigsten. Oberbürgermeister Roland Klenk erklärte: „Die Planung ist nicht optimal.“ Sie habe sich für L.-E. aber massiv verbessert. Das gelte auch für den Schallschutz.

Gutachter Koch sprach von einem anspruchsvollem Konzept. Allerdings gelte es einige Punkte zu verbessern – beispielsweise „die scheußlichen Wände“ zumindest farblich zu gestalten. Auch die vier Meter hohen Wände am Neuen Markt in Leinfelden hält er für problematisch.

Konzept wurde bereits überarbeitet

Siebenschuh und sein Team hatten ein erstes Konzept zum Lärmschutz in Leinfelden-Echterdingen bereits im Februar der Verwaltungsspitze vorgelegt. „Damals waren die Schallschutzwände teilweise noch höher, das Konzept eher eingleisig“, erklärte Noller. Die Pläne wurden überarbeitet. „Alles Weitere wird das Planfeststellungsverfahren zeigen“, machte der Mann von der Bahn deutlich. Er sicherte aber eine weitere Gesprächsrunde mit der Stadt zu. Die Unterlagen sollen im August an das Eisenbahnbundesamt gehen und die Pläne dann bis Ende 2016 offengelegt werden. Die ersten Bautätigkeiten in L.-E. sind für das Jahr 2019 geplant.

Auch vor dem Hintergrund, dass die Bahn in den vergangenen Wochen eine massive Zeitverzögerung und Kostenexplosion für Stuttgart 21 eingeräumt hatte, war der Tagesordnungspunkt mit Spannung erwartet worden. Steffen Siegel, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Filder, wollte wissen, wie sich diese Entwicklung auf die beiden Filderabschnitte auswirken wird. Hier wollten die Bahnvertreter nicht konkret werden. Insgesamt sollen für das dritte Gleis 80 Millionen Euro ausgegeben werden. Siebenschuh geht davon aus, dass diese Summe ausreichen wird.