Die Regionalversammlung macht sich für eine S-Bahn-Verbindung von Stuttgart nach Calw stark. Sie stellt sich gegen Pläne für eine Hesse-Bahn mit Dieselfahrzeugen.

Böblingen/Calw - Einstimmig hat der regionale Verkehrsausschuss am Mittwoch den Bau einer regionalen S-Bahn nach Calw vorgeschlagen – und sich damit gegen die Pläne des Kreises Calw für eine Hermann-Hesse-Bahn gestellt. Diese Pläne „der Reaktivierung der Schienenverbindung zwischen Weil der Stadt und Calw bilden aus regionaler Sicht weder verkehrlich noch eisenbahnbetrieblich eine zukunftsfähige Lösung“, heißt es in dem gemeinsamen Antrag von CDU, Grünen, SPD, Freien Wählern, FDP und Linke. Darin wird der Regionalverband beauftragt, mit dem Land und den Kreisen Calw und Böblingen Gespräche über die Verlängerung der S 6, die bisher in Weil der Stadt (Kreis Böblingen) endet, nach Calw aufzunehmen.

 

Ein Sprecher des baden-württembergischen Verkehrsministeriums sagte, man wolle den Vorstoß der Region zum jetzigen Zeitpunkt inhaltlich nicht bewerten und werde die Gespräche abwarten. Allerdings habe der Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ihm gegenüber auch auf die fortgeschrittenen Pläne für die Hesse-Bahn, die Zeit- und Finanzierungsprobleme hingewiesen, sagte der Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) im Aussschuss.

Die Calwer machen Druck

Der Calwer Landrat Helmut Riegger (CDU) sagte: „Grundsätzlich sehe ich es positiv, dass die Region Calw besser an Stuttgart anbinden will.“ Er sei bereit, über eine Verlängerung der S 6 zu sprechen. Allerdings gibt er zu bedenken, dass die Zeit knapp wird. „Vor viereinhalb Jahren wäre das hervorragend gewesen“, sagte er. Damals hatte Riegger eine S-Bahn vorgeschlagen, war aber an Vorbehalten der Region wegen der Zuständigkeit gescheitert. Das Planfeststellungsverfahren für die Hesse-Bahn läuft bereits, in Calw wartet man praktisch jeden Tag auf die Freigabe durch das Verkehrsministerium und will dann sofort mit dem Bau beginnen. „Wir können nicht bei jedem neuen Vorschlag unsere Planungen stoppen“, sagte der Kreischef.

Die Kritik der Region an der Hesse-Bahn fußt vor allem auf der Befürchtung, dass sich der gemeinsame Betrieb von Hesse- und S-Bahn auf dem Abschnitt Weil der Stadt-Renningen negativ auf das ohnehin hochbelastete S-Bahnnetz auswirkt. Allerdings braucht die Hesse-Bahn die Fahrt bis Renningen, um als wirtschaftlich zu gelten – in Renningen startet die S 60 in Richtung der großen Firmen wie in Böblingen und Sindelfingen wie Daimler. Die Region hält auch den Betrieb mit Dieselfahrzeugen für kritikwürdig, zumal dies auf den Widerstand der Anwohner stoße.

Elektrifizierung käme teuer

In den geplanten Gesprächen wird es vor allem ums Geld gehen. Die Reaktivierung der Strecke nach Calw für die S-Bahn ist wegen der Elektrifizierung viel teurer als die für den Betrieb mit Dieseltriebwagen, die später durch umweltfreundliche, von Brennstoffzellen angetriebene Fahrzeuge ersetzt werden sollen. Ob ein 26-Millionen-Euro-Zuschuss, den das Land für die Hesse-Bahn reserviert hat, auch für die S-Bahn verwendet werden darf, ist offen. Zumal fraglich ist, ob die Verlängerung so rasch geplant werden könnte, dass sie in Förderprogramme aufgenommen werden kann, die 2019 auslaufen.

Im Verkehrsausschuss bekundeten alle Parteien ihr Interesse an einer S-Bahn bis Calw. Die Region sei aktiv geworden, weil sie seit dem ÖPNV-Pakt vom vergangenen Februar für den S-Bahnverkehr bis zur Kreisgrenze nach Calw zuständig sei, sagte Rainer Ganske (CDU). Thomas Leipnitz (SPD) wies auf den Vorteil hin, „umsteigefrei nach Stuttgart“ zu kommen. Der Beschluss sei ein Angebot, sagte Eva Mannhardt von den Grünen, „für uns ist wichtig, dass die Hesse-Bahn kommt – egal in welcher Form“. Dem widersprach Bernhard Maier von den Freien Wählern. „Für uns ist die Hesse-Bahn nicht akzeptabel. Wir würden unserer Verantwortung als Aufgabenträger der S-Bahn nicht gerecht, wenn wir nicht alles tun, um sie zu verhindern“.

Region verbessert Angebot im Raum Böblingen

Nachtbus N 60
Obwohl die an den Wochenenden verkehrenden Nacht-S-Bahnen große Resonanz finden, gibt es dieses Angebot auf der Linie S 60 zwischen Böblingen und Renningen nicht. Dort verkehren Nachtbusse der Linie N 60. Sie haben durchschnittlich zehn Gäste pro Fahrt. Dies rechtfertigt nach Ansicht des Regionalverbands den Einsatz von Nacht-S-Bahnen nicht. Deshalb wird nun der Vertrag für den N-60-Busverkehr mit dem Böblinger Unternehmen Pflüger um sechs Jahre bis Ende des Jahres 2021 verlängert. Die Kosten von 20 000 Euro pro Jahr trägt die Region.

S-Bahn I
Auf der S 1 zwischen Herrenberg und Kirchheim/Teck wird es beim Fahrplanwechsel im kommenden Dezember Veränderungen geben. Drei Züge pro Tag, die bisher in Böblingen endeten, fahren dann nach Herrenberg. Zwei S-Bahnen pro Tag können wegen neuer IC-Verbindungen nicht mehr bis Herrenberg verkehren und enden in Böblingen. Zudem wird in einem Umlauf am Freitagmittag ein Langzug eingesetzt.

S-Bahn II
Die starke Nachfrage auf der S 60 zwischen Böblingen und Renningen in der morgendlichen Hauptverkehrszeit führt dazu, dass zusätzlich ein Bus zwischen Maichingen-Nord und Böblingen eingesetzt wird. Die Region hat die Bahn beauftragt, bis zum Sommer eine Lösung zu suchen, wie längere Züge auf der S 60/6 Schwabstraße- Böblingen/Weil der Stadt eingesetzt werden können.