Nachdem ein Gutachten dem Ausbau der S-Bahn-Linie 5 bis nach Vaihingen an der Enz ein gutes Zeugnis ausstellte, hat der Verkehrsausschuss des Verbands Region Stuttgart weiteren Untersuchungen zugestimmt.

Vaihingen/Enz - Vor allem im Enzkreis hat die Botschaft aus der Nachbarregion eine gewisse Aufregung ausgelöst. Kaum, dass bekannt geworden war, dass der Verband Region Stuttgart (VRS) nach einem Gutachten laut darüber nachdenkt, die S-Bahn bis nach Vaihingen/Enz – und darüber hinaus sogar bis nach Mühlacker im Enzkreis – zu verlängern, schon stellte der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke eine Anfrage im Landtag. Er verlangte Auskünfte von der Landesregierung über Kosten, Nutzen und zeitlichen Horizont eines solchen Vorhabens.

 

Verkehrsausschuss stimmt weiterer Untersuchung zu

Skeptisch positionierte sich hingegen der Verkehrsclub Deutschland (VCD), dessen Landesvorsitzender Matthias Lieb aus dem Enzkreis stammt und täglich auf besagter Strecke pendelt. Ein solches Vorhaben bringe lange Fahrzeiten mit sich, zudem stehe in Frage, ob das sternförmig auf Stuttgart zulaufende S-Bahn-Netz durch noch mehr Züge und Fahrgäste nicht noch mehr überlastet werde.

Dem widersprach der VRS-Verkehrsdirektor Jürgen Wurmthaler gestern: „Die Steigerung bei den Fahrgastzahlen werden sich nicht auf die Stammstrecke auswirken“, sagte er im Verkehrsausschuss der Region. Bei den Anrainerkommunen Vaihingen/Enz, Sersheim, Sachsenheim und Bietigheim-Bissingen sowie dem Landkreis Ludwigsburg stieß das Vorhaben schon vorab auf positive Resonanz. Und: auch der Verkehrsausschuss der Region gab gestern einmütig grünes Licht für das Projekt, das nun in einem weiteren Gutachten näher untersucht werden soll. Kostenpunkt: 100 000 Euro.

Der Zuschuss vom Land fällt wahrscheinlich geringer aus

Die Kernbotschaft nach einem ersten Gutachten des Verkehrswirtschaftlichen Instituts an der Uni Stuttgart lautet: für rund zehn Millionen Euro könnte die S-Bahn-Linie 5 relativ problemlos und preisgünstig über Bietigheim hinaus bis nach Vaihingen, später gar bis nach Mühlacker, verlängert werden. Allein zwischen der Haltestelle Bietigheim-Ellental und Bietigheim-Bahnhof bringe das Vorhaben 3200 neue Passagiere pro Tag – eine Steigerung von fast 25 Prozent. Kein Wunder liegt der Nutzen-Kosten-Faktor des Projekts bei stattlichen 4,3. „Wenn alle Projekte so abschneiden würden, kämen wir mit Bauen gar nicht nach“, befand der Regionalrat Helmut Noe (CDU). Zudem könnten pro Werktag rund 2000 Autofahrten mit 25 000 gefahrenen Kilometern vermieden werden.

Schwierig ist das Thema Finanzen. Wie die VRS-Verwaltung gestern im Verkehrsausschuss erläuterte, zieht sich der Bund ein Stück weit aus der Finanzierung von Schienenvorhaben zurück.  Deshalb will das Land Projekte nicht mehr mit 75 Prozent, sondern mit 50 Prozent bezuschussen. Bezogen auf das Projekt der Verlängerung heißt das: statt rund 6,2 Millionen Euro wird es wohl nur 4,3 Millionen Euro vom Land geben. Zudem sind laut Regionalverwaltung drei neue Fahrzeuge und jährliche Betriebskosten von zwei Millionen Euro nötig.

S-Bahn macht Züge der Albtal-Verkehrsgesellschaft überflüssig

Das Projekt bringe relativ wenig neue Fahrgäste, sagte Bernhard Maier (Freie Wähler). Es sei fraglich, ob die Kommunen und der Kreis bereit sind, rund 17 Millionen Euro dafür mitzufinanzieren. Keine Zukunft hat laut den Gutachtern das alte WEG-Gleis zwischen Enzweihingen, Vaihingen und Kleinglattbach. Eine Reaktivierung der Strecke sei wirtschaftlich nicht darstellbar. Umso mehr freuen sich jetzt die Initiatoren des Bürgerentscheids über eine Fahrradbahn auf der Strecke. Damals stimmte eine knappe Mehrheit der Vaihinger gegen das Vorhaben. Doch nun, da das Gleis als Eisenbahnstrecke keine Zukunft mehr hat, sieht auch die Stadtverwaltung Chancen für die Radstrecke.

Sollte die S-Bahnstrecke bis Vaihingen/Enz verlängert werden, dann würden die gelben Züge der Albtal Verkehrsgesellschaft, die aus Karlsruhe bis Vaihingen fahren, überflüssig. Die Fahrgäste aus Vaihingen müssten – das ist dem OB Gerd Maisch wichtig – nicht auf die schnelle Direktverbindung nach Stuttgart mit Regionalzügen verzichten. „Das Angebot ist nur ein Mehr und in keiner Weise ein Weniger“, betonte Wurmthaler. Die Fahrgäste würden vom 30-Minuten-Takt profitieren, der zudem auch abends länger funktioniert, als die Bahnverbindungen allein. „Ich sehe hier große Chancen.“