Im Lotto-Museum in der Nordbahnhofstraße werden frischgebackene Millionäre beraten.

Stuttgart - Eine bescheidene Sitzecke: ein Tisch, vier Stühle: „Hier saßen schon viele Millionäre“, sagt Jelena Schramm von der Lotto GmbH. Besucher war zum Beispiel ein Tipper aus dem Schwarzwald, der im vergangenen Oktober den Euro-Jackpot mit 90 Millionen geknackt hat, und ein Stuttgarter, der vor sechs Jahren mit 24,8 Millionen Euro den bislang höchsten Lotto-Gewinn im Südwesten eingestrichen hat. Alle frischgebackenen Lotto-Millionäre Baden-Württembergs können sich im Museum in der Lotto-Zentrale an der Nordbahnhofstraße beraten lassen, damit sie das gewonnene Glück aus Leichtsinn nicht wieder verlieren.

 

Das Museum ist eins der kleinsten, wenn nicht das kleinste Museum in Stuttgart, und auch für solche Besucher interessant, die noch auf die Million hoffen. Auf rund 50 Quadratmeternwird die Geschichte des Lottospiels im Südwesten dokumentiert: „Baden-Württemberg beteiligte sich als letztes Bundesland an dem neuen Glücksspiel. Hamburg war 1955 als erstes dabei“, sagt Schramm. Eckart Munz, einst Karikaturist bei den Stuttgart Nachrichten, hat sich in der Zeitung vom 11. Mai 1957 darüber lustig gemacht: Die Glücksgöttin wird vom Zöllner an der Grenze zu Baden-Württemberg mit den Worten abgewiesen: „Nix da, Frollein Fortuna, bei uns gibt es koi Glück, bei uns wird gschafft.“

Die Wettleidenschaft spielt auch in der Literatur eine Rolle

Aufzuhalten war der Siegeszug Fortunas nicht. Denn auf Dauer hielt die strenge Moral der Landesregierung der Aussicht auf die Steuereinnahmen durchs staatliche Spiel nicht stand. Seit 1958 rollen die Kugeln auch im Südwesten. Wettleidenschaft – die gibt es schon immer: Die griechischen und römischen Götter wetten – meist auf Kosten der Menschen. Gott und der Teufel in Goethes „Faust“ wetten – um Fausts Seele. Und 1620 soll das Zahlenlotto in Genua erfunden worden sein. In dem Stadtstaat wurde per Los bestimmt, welche Stadträte die fünf höchsten Ämter bekleiden sollen. Und das Volk wettete, auf wen das Los fällt. Daraus haben geschäftstüchtige Genueser Bankiers das Zahlenglücksspiel entwickelt. Ob das wahr ist oder nur Legende: unklar.

Die erste öffentliche Ziehung von 6 aus 49 Zahlen in Baden-Württemberg war ausgerechnet an einem 13. im April in der Technischen Hochschule Stuttgart. Die Trommel, in der die Kugeln rollten, ist im Museum zu sehen: Die Besucher können sich dort selbst als Glücksfee versuchen und die Glücksmaschinerie in Gang setzen. Die Kugeln: handelsübliche Tischtennisbälle. Damit sie mit ihren vier Zentimetern Durchmesser alle 3,09 Gramm wiegen, stehen einstellige Ziffern 15 Mal und zweistellige Ziffern 12 Mal auf den Bällen, fehlende Milligramm werden durch Auftragen von Lack ausgeglichen. Die Tippscheine wurden anfangs noch mühsam per Hand ausgewertet: Nach jeder Ziehung wurden 1000 Folien mit ausgestanzten Löchern angefertigt. 700 Aushilfskräfte haben sie in der Lotto-Zentrale auf rund eine Million Tippscheine gelegt und geprüft, ob Kreuze in den ausgestanzten Löchern sind. Heute gehen bei der Lottozentrale für alle Wettangebote zwei Millionen Tipps ein.

Die Chance, sechs Richtige zu tippen, ist mit 1:14 000 000 verschwindend gering, inklusive der richtigen Superzahl liegt sie bei nur 1:140 000 000 . „Wer nicht gewinnt, tut aber etwas Gutes“, sagt Schramm. Ein Drittel der Einnahmen von rund einer Million Euro pro Tag gehen an Sport- und Kultureinrichtungen, an die Denkmalpflege und soziale Projekte.

So neu, dass es im Lotto-Museum noch nicht dokumentiert ist, ist „Logeo“. Die erste Ziehung in der Lottozentrale ist wieder an einem 13. – und zwar im März . Statt mit Zahlen gewinnen die Spieler mit den Geodaten ihrer Adresse – und die Nachbarn, die mit gespielt haben, gewinnen ebenfalls.