Damit die Stromversorgung im Neckarpark auch künftig gesichert ist, müssen vom Umspannwerk in Gaisburg aus neue Stromkabel gelegt werden. In den Kabelrohren der Gaisburger Brücke ist aber kein Platz mehr dafür.

S-Ost/Bad Cannstatt - Gut 90 Meter lang, zehn Meter hoch, 35 Tonnen schwer, konstruiert aus feuerverzinktem Stahl, komplett montiert auf Schwimmpontons im Neckar beim Cannstatter Wasen – das klingt spektakulär und wird voraussichtlich irgendwann im November viele Schaulustige an das Neckarufer im Stuttgarter Osten und am Wasen locken. Dann wird diese nur etwa 1,5 Meter breite Brücke sozusagen als Anbau an die Gaisburger Brücke montiert. Die Vorarbeiten dafür haben bereits begonnen, deswegen ist auch der Neckartal-Radweg bis Ende September gesperrt.

 

Das 3,7 Millionen Euro teure Brückenbauprojekt soll die Stromversorgung des gesamten Neckarparks von Daimler über die Mercedes-Benz-Arena, Schleyerhalle und Porsche-Arena sowie den Cannstatter Wasen bis zum geplanten neuen Wohnquartier samt Sportschwimmbad sichern. Der Strombedarf im Neckarpark werde durch die Neubauprojekte deutlich steigen, sagt Harald Hauser, der Leiter des Regionalzentrums der Netze BW, in deren Auftrag die Kabelbrücke gebaut wird. Der Neckarpark wird schon jetzt über das Umspannwerk Talstraße in Gaisburg gegenüber dem Gaskessel mit Strom versorgt. Die entsprechenden Stromkabel verlaufen in der Gaisburger Brücke. Die Kapazität der Kabel und der Kabelkanäle in der Brücke sind allerdings erschöpft, die neuen Mittel- und Niederspannungs- sowie Signalkabel passen dort nicht mehr hinein.

Vorbereitungen haben begonnen

Deswegen habe man zunächst geplant, die insgesamt 26 neuen Kabel mit einer Gesamtlänge von 15 Kilometern unterirdisch vom Gaisburger Umspannwerk zur Mercedesstraße zu verlegen, also auch unter dem Neckar hindurch. Das werde jedoch wegen des sensiblen Untergrunds mit Gipskeuper und dem Mineralwasser darunter nicht genehmigt. Also haben sich die Ingenieure die Kabelbrücke ausgedacht.

Auf der Cannstatter Neckarseite haben die Vorbereitungen für das Infrastrukturprojekt schon begonnen. Zwischen Neckar und Radweg unterhalb der Gaisburger Brücke wird eines der Fundamente für die Kabelbrücke gebaut. Deswegen ist der Radweg dort auch unpassierbar, dort stehen Bagger und Baufahrzeuge. Harald Hauser appelliert an die Radfahrer, „sich vor allem zur eigenen Sicherheit an Absperrungen und Umleitungshinweise zu halten“.

Die Bohrungen gelten als kompliziert

Einige Meter weiter, auf dem Gelände der Ballonsportgruppe, liegen schon die zusammengeschweißt Kilometer langen neuen Kabelkanäle bereit. Sie müssen unter der Einfahrbahn von Daimler hindurchgezogen werden, was mit Hilfe des sogenannten Spülbohrverfahrens geschieht. Vom Wasenparkplatz her wurden bereits fünf Bohrungen unter der Fahrbahn hindurch zum Ballonsport-Gelände durchgeführt. Das Team von Bohrmeister Stefan Bechteler vom Allgäuer Bohrunternehmen Max Wild hatte dabei zunächst einen kleinen, ferngesteuerten Bohrkopf mit 15 Zentimetern Durchmesser verwendet. Die so entstandenen kleinen Tunnel wurden anschließend mit größeren Bohrköpfen nach und nach vergrößert, bis die Kabelrohre hineinpassen. Dann werden diese Rohre an der Austrittsöffnung mit einem Bohrkopf verbunden und durch das Bohrloch zurück zur Eintrittsöffnung gezogen. Bechteler, der schon Spülbohrungen in ganz Europa gemacht hat, sagt: „Das hier ist nicht der Alltag für uns.“ Die Bohrungen am Wasen seien wegen des schwierigen Untergrunds mit Gipskeuper und Kies kompliziert. Außerdem sei das erforderliche Bohrloch mit einem Durchmesser von 670 Millimetern sehr groß. Bis Mitte kommender Woche sollen alle Kabelrohre unter der Einfahrbahn liegen. Später muss dann noch auf der anderen Neckarseite die Bundesstraße 10 unterquert werden.

Die Bauarbeiten an der neuen Kabeltrasse müssen wegen Veranstaltungen auf dem Wasen, vor allem dem Volksfest, immer wieder unterbrochen werden. Die Brücke soll im November auf dem Wasen fertig montiert und dann auf Schwimmpontons zu ihrem endgültigen Standort gebracht werden. Im April 2016 sollen dann alle neuen Kabel liegen und angeschlossen sein.