Der Bezirksbeirat befürwortet, dass die Tübinger Straße dauerhaft Radfahrstraße bleibt.

S-Süd - Gut ein Jahr ist es her, dass die Tübinger Straße vom Marienplatz bis zur Paulinenbrücke offiziell als Fahrradstraße ausgewiesen wurde. Seitdem ist das Fahrrad in der Tübinger Straße das bevorrechtigte Verkehrsmittel. Mit dem Auto darf die Straße nurmehr von Anliegern und Anlieferern benutzt werden, für sie wurde zudem ein Teilstück zur Einbahnstraße. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 30 Stundenkilometer: Ein lange diskutiertes und heiß umkämpftes Pilotprojekt, das aufgrund des Erfolges nun zum Normalfall wird. Das verkündete Susanne Scherz vom Amt für öffentliche Ordnung in der aktuellen Sitzung des Bezirksbeirates.

 

Achtung Fahrrad-Rüpel

In den Mittelpunkt ihres Erfahrungsberichtes stellte Scherz die getätigten Verkehrszählungen. Demnach hat sich die Zahl der Radfahrer in der Straße mit über 3000 pro Tag binnen Jahresfrist mehr als verdoppelt: „Das ist eine deutliche Zunahme. Sie zeigt, dass das Angebot von Radfahrern gut angenommen wird.“ Logischerweise ist der Autoverkehr in der zur Anwohnerstraße umgewidmeten Achse in die Innenstadt deutlich gesunken. In die 23 Unfälle, die in dem Zeitraum registriert wurden, waren zwölf Radfahrer verwickelt. Scherz stellt dazu klar: „Keiner dieser Unfälle stand in direktem Zusammenhang mit der Vorfahrtsregelung.“ Im Vergleich zu früheren Jahren habe sich die Verkehrssicherheit in der Straße „deutlich verbessert, auch für die Fußgänger“.

Im Gremium wurde einhellig das „Erfolgsmodell“ gelobt, wie Ralf Blankenfeld (Stadtisten) sagte. Gleichwohl wurden einige Problempunkte benannt. Etwa, dass der Verkehrsfluss oft vom Lieferverkehr behindert werde, Radfahrer zum Slalomfahren gezwungen würden und in den Gegenverkehr gerieten. Scherz bestätigte, dass man sich hier in einem Dilemma befinde: „Aber wir können nicht für jedes Lieferbedürfnis die passende Lieferzone einrichten“. Bei Kontrollen müsse man dies „mit Fingerspitzengefühl behandeln“. Benannt wurde auch defizitäres Verhalten von Radfahrern. Etwa, wenn diese die Gehwege benutzten. Roland Petri (CDU) monierte „Fahrrad-Rüpel“, die Fußgänger gefährdeten. Laut Ulrike Holch (SPD) „entstehen die meisten kritischen Situationen durch Radfahrer“. Scherz: „So eine Straße funktioniert nur, wenn alle mal nachgeben.“

Neue Flaniermeile

Naheliegend, dass diese Aussprache auch die Stunde von Claus Köhnlein war, dem Fahrradbeauftragten der Stadt. Zu den angesprochenen Problemen meinte er: „Wenn wir urbanes Leben in einer Dichte wie in der Tübinger Straße haben, dann wird es diese Momente immer wieder geben. Daran gemessen, sind wir sehr weit gekommen.“ Er resümierte: „Die Zahlen sprechen für sich. Die Leute wollen radfahren, wir müssen ihnen nur die richtigen Angebote machen“, stellte Köhnlein fest und ergänzte: „Man sieht, wie man mit solchen Maßnahmen auch den Autoschleichverkehr rausnehmen kann.“ In diesem Punkt aber gab es deutlichen Widerspruch von einem Anwohner, nach dessen Beobachtung „in der Tübinger Straße 70 Prozent Durchgangsverkehr herrscht, wenn die Hauptstätter Straße dicht ist“. Er stieß sich auch daran, dass die touristischen Sightseeing-Busse durchfahren. Bei diesem Aspekt sorgte Scherz mit ihrer Antwort für ziemliche Erheiterung: „Die wollen die Tübinger Straße eben als neues Highlight der Stadt zeigen.“

Das griff der Bezirksvorsteher Raiko Grieb in seinem Schlusswort auf: „Wir wollten, dass die Tübinger Straße wieder erlebbar wird und sich zur Flaniermeile entwickelt. Und sie hat sich entwickelt! Auch mit hochwertigen Cafés, Restaurants, Einzelhandel. Die Straße ist das Gegenstück zur Hauptstätter Straße. So könnte man weitermachen in Sachen Fahrradverkehr. Zum Beispiel Richtung Vaihingen“, fand Grieb.