Ein neuer kulinarischer Rundgang durch den Westen hat zum Ziel, Kulturelles und Wissenswertes mit Kulinarischem zu verbinden. Tania van den Bergh führt im Auftrag des Berliner Unternehmens „Eat the world“ Gruppen durch den Stuttgarter Westen.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

S-West - Stadtführungen gibt es viele. Die eine konzentriert sich auf die Historie, die andere hat Unbekanntes und Überraschendes über die zu begehenden Straßen ausgegraben. Der Rundgang durch den Westen von „Eat the world“ wiederum hat ein anderes Ziel: Er will Kulturelles und Wissenswertes mit Kulinarischem verbinden. „Wir spazieren durch die Straßen und legen immer mal wieder Pause bei besonderen Läden oder Cafés ein“, erklärt Tania van den Bergh. Sie führt die Gruppen auf dem Rundgang und hat die Tour für das Berliner Unternehmen „Eat the world“ aufgebaut. „Ich bin gebürtige Stuttgarterin“, sagt van den Bergh. „Ich reise sehr gerne. Man lernt sein Viertel hier ganz anders kennen.“ Die meisten Teilnehmer seien aus Stuttgart oder sogar S-West-Bewohner, erzählt sie.

 

An diesem Samstag sind jedoch die auswärtigen Besucher in der Überzahl. Ein Ehepaar ist aus der Nähe von Köln angereist, ein zweites aus Hessen, außerdem ist ein Junggesellinnenabschied aus Göppingen dabei. Die Kölner sind bereits „Eat the world“-Experten: „Wir haben schon bei mehreren Touren mitgemacht, zuletzt in Münster und in München.“

Nun also Stuttgart-West: Der Rundgang beginnt an der Johanneskirche am Feuersee. „Die Gegend hier war einst ein großer Obstgarten und wurde auch die Speisekammer Stuttgarts genannt“, erzählt Tania van den Bergh. Gleich um die Ecke – an der Rotebühlstraße 83 – stand im 19. Jahrhundert die Schokoladenfabrik Waldbaur, bekannt für ihre „Katzenzungen“. „Stuttgart hätte statt Autostadt auch Schokoladenstadt werden können“, meint van den Bergh. Bis zu 700 Menschen waren in der Fabrik beschäftigt. Allerdings sei Schokolade in den 1970er Jahren Massenware geworden, und so sei Waldbaur verkauft und die Fabrik an der Rotebühlstraße geschlossen worden. Deren Spezialität „Katzenzungen“ kann man bis heute kaufen – allerdings nicht mehr von Waldbaur hergestellt.

Dann geht es zur ersten Kostprobe: Bei einem Metzger kommen Maultaschen, Landjäger und Kartoffelsalat auf den Teller. Die Namen der Läden sollen hier nicht alle namentlich genannt werden: „Wir möchten unsere Teilnehmer immer wieder überraschen“, erklärt Tania van den Bergh, darum ändern sich auch die teilnehmenden Geschäfte manchmal.

Es geht weiter, bergauf entlang der Vogelsangstraße, und van den Bergh berichtet vom gleichnamigen Bach, der am Birkenkopf entspringt, in den Nesenbach mündet und sich im heutigen Westen sein Tal gegraben hat. Bei der zweiten Station werden Antipasti, Zucchinigemüse und italienische Brioche kredenzt – und die meisten gönnen sich ein Glas Wein dazu. „Es ist wichtig, dass wir Zeit haben, uns zu setzen und gemütlich zu essen“, sagt Tania van den Bergh. „Ich schaue zwar auf die Uhr, will aber keine Hetze machen.“

Am Eiscafé Fragola an der Vogelsangstraße gibt es eine Kugel Eis, während van den Bergh vom Bismarckplatz und dem Mammutbaum erzählt, der dort stand und 2013 gefällt werden musste. Auch ein Kaffee muss sein: der Espresso wird in der Kaffeerösterei Fröhlich serviert, wo die Inhaberin Meike Fröhlich erklärt, wie Kaffeebohnen im hauseigenen Gas-Trommelröster langsam und schonend geröstet werden. Gleich um die Ecke erklärt Tania van den Bergh, warum die Bürgerhäuser im 19. Jahrhundert nicht direkt nebeneinander gebaut worden sind: „Dazwischen hat man stets zehn schwäbische Fuß – den sogenannten Bauwich – freigelassen, um mehr Luft und mehr Licht zwischen den Häusern zu haben.“ Beim letzten Stop im Café Chiquilin sind die Bäuche schon ziemlich voll: eine Empanada, eine spanische Version der Maultasche, passt aber noch hinein – gerade so.