Am Wartberg baut die Bahn am Zwischenangriff Prag: seit Dezember wird dort der Stuttgart-21-Tunnel nach Feuerbach gebohrt. Ein Besuch auf der Baustelle.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

S-Nord - Rund 120 Meter sind bereits gegraben: Seit Mitte Dezember wird am Zwischenangriff Prag abseits der Heilbronner Straße gearbeitet. Hier entsteht der Zugangsstollen, von dem aus später der Tunnel nach Feuerbach gebohrt werden wird. Selma-Tunnel heißt er, getauft nach Selma Gutscher, einer Ingenieurin der Projektgesellschaft Stuttgart–Ulm.

 

24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, wird gearbeitet. Es sind kleine Teams, die hier am Werk sind: vier bis sechs Mineure pro Schicht. Ein Bagger gräbt sich in die Erde und bohrt das nächste Stück Tunnel. Es handelt sich um keinen gewöhnlichen Bagger, sondern um ein echtes Spezialgerät: Die Schaufeln sind flach und drehbar, sodass sie nicht nur geradeaus, sondern auch nach links oder rechts graben können.

35 Zentimeter Spritzbeton werden aufgesprüht

Abstützgitter werden verlegt, alles wird mit Spritzbeton gesichert. Etwa 35 Zentimeter dick ist die Schicht, die mit einer speziellen Baumaschine aufgesprüht wird. Zusätzlich werden sechs Meter lange Stahlrohre, sogenannte „Anker“, in die Seitenwände des Tunnels gesetzt, auch sie dienen der Absicherung. Erst wenn der Tunnel komplett fertig gegraben ist, wird die Innenschale angebracht.

Nach der Sicherung wird das ausgegrabene Erdreich aus dem Tunnel gefahren, und anschließend kann weitergegraben werden. Über einen dicken, gelben Schlauch, der an der Decke des Tunnels entlang führt, erfolgt die sogenannte Bewetterung des Tunnels: Darüber wird Frischluft zugeführt.

„Langsam und vorsichtig“

Rund 220 Meter liegen noch vor den Mineuren, etwa 340 Meter lang wird der Zugangsstollen. Später soll er einmal als Entrauchungsbauwerk und als befahrbarer Notfalltunnel dienen. Bis Mai 2015 soll der Selma-Tunnel fertig sein, das Gefälle beträgt sieben Prozent. Zwei bis drei Meter schaffen die Mineure pro Tag. „Wir bauen langsam und vorsichtig“, sagt Ekkehard Lay, denn trotz umfangreicher Erkundungsbohrungen, die nichts Ungewöhnliches ergeben hatten, gelte das geflügelte Wort: „Vor der Hacke ist es dunkel“. Der Ingenieur Lay ist Leiter des Projektabschnitts 1.5, zu dem die Cannstatter und Feuerbacher Tunnel gehören.

Rund 35 Meter an Erdreich im Wartberg liegen zwischen dem Tunnel und den darüberliegenden Häusern. Die Anwohner am Wartberg leiden unter dem Lärm, der von der Tunnelbaustelle heraufdringt. Nachdem es zunächst hieß, ihre Häuser sollten mit passiven Schallschutzmaßnahmen versehen werden, sieht es aktuell anders aus: Nach den jüngsten Lärmschutzgutachten geht die Bahn, wie berichtet, davon aus, dass sich nicht mehr alle der Häuser für diese Maßnahmen qualifizieren.