Die Aussicht auf Rot-Rot hat die Wähler an der Saar der CDU zugetrieben, analysieren Experten. Aber auch im Bund ist ein Pakt mit den Linken und Grünen die realistischste Machtoption für die Sozialdemokraten. Was nun, Herr Schulz?

Saarbrücken/Berlin - SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz wertet die Verluste für SPD, Linke und Grüne bei der Saarland-Wahl nicht als negatives Vorzeichen für das wichtige Wahljahr 2017. Es wäre „nicht nur falsch, sondern auch fahrlässig“, daraus Schlüsse für die Landtagswahlen im Mai in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sowie für die Bundestagswahl im Herbst zu ziehen, sagte der Parteichef am Montag in Berlin. Die CDU feiert hingegen Wahlsiegerin Annegret Kramp-Karrenbauer und freut sich über einen „Schub“ im Wahlkampf. Die Linke hofft, dass die SPD nun klar auf Linkskurs geht.

 

Am Vormittag berieten die Parteigremien in Berlin über den Ausgang der Landtagswahl. Dabei hatte sich die CDU überraschend stark auf mehr als 40 Prozent verbessert. Kramp-Karrenbauer kann weitere fünf Jahre regieren - wie bisher mit der SPD als Koalitionspartner, die mit leichten Verlusten bei knapp 30 Prozent landete.

Kramp-Karrenbauer, enge Vertraute von Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, sieht ihren Sieg als Gemeinschaftsleistung mit der Bundes-CDU. Das bundespolitische Signal sei, dass die Stimmung bei den Bürgern kippe, wenn die SPD mit einem rot-roten Bündnis im Bund flirte. „Martin Schulz ist zu schlagen“, sagte Kramp-Karrenbauer der Deutschen Presse-Agentur.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier sprach von einem „tollen Schub“ zum Auftakt des wichtigen Wahljahres 2017. Nun habe die „Entzauberung“ des SPD-Kandidaten Schulz begonnen.

Aussicht auf Rot-Rot soll SPD Stimmen gekostet haben

Die Linke appellierte an die Sozialdemokraten, sich offensiv zu einem Politikwechsel und einer rot-rot-grünen Regierungskoalition im Bund zu bekennen. Bleibe Schulz dies weiter schuldig, „dürfte das nicht die letzte Enttäuschung der SPD in diesem Wahljahr gewesen sein“, sagte die Chefin der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht, der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die Bundestagswahl. Schulz habe Hoffnungen enttäuscht, dass die SPD sich von ihrer unsozialen Agenda-Politik verabschiede. Allmählich merkten die Menschen, dass er zwar viele schöne Reden halte, aber nicht sage, was er gegen soziale Ungleichheit, Niedriglohnjobs, Armutsrenten und Hartz IV tun wolle.

Auch die Linken-Vorsitzende Katja Kipping rügte im ZDF, die Ansagen der SPD zu einem Linksbündnis im Saarland seien zu „diffus“ gewesen. Dies habe gereicht, um die Angstmache dagegen zu befeuern. Es habe aber nicht gereicht, um Begeisterung dafür zu entfachen.

Nach Einschätzung der Forschungsgruppe Wahlen hat die Aussicht auf Rot-Rot die SPD Stimmen gekostet.

SPD-Generalsekretärin Katarina Barley wies die Forderung zurück, sich klar auf Rot-Rot-Grün festzulegen. „Es wird einen Bundestagswahlkampf geben, wo keine Partei eine Koalitionsaussage macht“, erklärte sie im ZDF-„Morgenmagazin“. Vorwürfe, Schulz bleibe auch inhaltlich zu unbestimmt, hält sie für unberechtigt. Schulz habe in den zwei Monaten seit seiner Nominierung „mehr Inhalte gebracht, als ich mich bei Frau Merkel daran erinnern kann“.

Schulz sprach seiner Partei Mut zu. „Wir haben noch einen richtig guten, langen Atem“, sagte er. Die SPD habe in den vergangenen Wochen auch im Saarland zugelegt, „und wir schauen nach vorne.“ Anders als im Saarland gingen die Sozialdemokraten in Schleswig-Holstein und NRW mit zwei Amtsinhabern ins Rennen. Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann im dpa-Gespräch: „Wir müssen hart kämpfen, wenn wir die Bundestagswahl gewinnen wollen.“

An der Saar war die Linke auf 12,9 Prozent abgerutscht. Die AfD kam auf 6,2 Prozent. Grüne, FDP und Piraten scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Sitze verteilen sich wie folgt: CDU 24, SPD 17, Linke, 7 und AfD 3. Die Wahlbeteiligung stieg auf 69,7 Prozent (2012: 61,6).