Das Theater unter der Dauseck hat einem Möbelhaus ein Stück auf den Leib geschrieben – „Alice gespiegelt“. Aber das Wohnwunderland ist gar keines. Nicht alle Wünsche werden wahr, auch wenn die Werbung das verspricht.
Sachsenheim - Leonie ist steingrau. Ihr Gestell ist aus Edelstahl. Leonie ist ein Stuhl, genauer ein Freischwinger. Wenn sich jemand findet, der sie zum Abholpreis von 288 Euro mitnimmt, könnte sie der Möbelhalle den Rücken kehren und endlich ihre wahre Bestimmung leben. Leonie steht in der Abholhalle des Sachsenheimer Möbelhauses Domino. Ihre Chancen stehen gut. Bis Anfang August werden nicht mehr nur suchende Paare und mitgebrachte nölende Teenager an ihr vorbeipromenieren. Immer in den Abendstunden kommen jetzt die Schauspieler vom Theater unter der Dauseck. Das Möbelhaus der Familie Schmid ist ihre Bühne. Vom Küchenschrank mit Schiebetür über die große (Show)-Treppe im Eingangsbereich bis hin zur Verladerampe gibt es fast keinen Ort, den die 42 Mimen nicht bespielen. Bei 120 Gästen pro Abend dürfte doch jemand dabei sein, der sich Leonie erbarmt. Vorerst aber gilt: „Nehmen Sie keine Getränke mit ins Haus und setzen Sie sich nicht auf Lehnen und Tische setzen!“ Möbel und Mensch werden sich in den 90 Minuten sehr nah kommen.
Möbelkauf als Neuanfang
Barbara Schüßler und Christine Gnann haben dem Möbelhaus das Stück „Alice gespiegelt“ quasi auf den Leib geschrieben. Das tun die Macher vom Theater unter der Dauseck gerne: Sie gehen raus ins Leben – und spielen in der Alten Ziegelei in Markgröningen ebenso wie jetzt zwischen Ledersofa und Öko-Esstisch. Viele Orte habe man ihnen angeboten, als sie nach einem Spielort suchten, sagt Barbara Schüßler. Warum also das Möbelkaufhaus?
Weil ein solches Haus immer auch ein Angebot für einen Neuanfang ist– ein perfekter Ort der Illusionen? Eine Vorgabe, die die Inszenierung gekonnt verwandelt. Hier tauchen Menschen auf, die ihr Leben neu möblieren möchten. Vielleicht, so vieler Hoffnung, hauchen neue Möbel dem Leben ja neuen Sinn ein.