Auch in Steinheim an der Murr wurde bereits in den 1930er Jahren ein Säbelzahnkatzen-Fossil gefunden, das genau wie der Schädel der dort gefundenen Urmenschenfrau aus der gleichen Epoche wie die Schöninger Funde stammen sollte. Danach aber verschwanden die Spuren der Homotherium-Katzen anscheinend aus Europa, während die nahe verwandten Homotherium-serum-Säbelzahnkatzen noch vor rund 12 000 Jahren in Nordamerika jagten. Auch die frühen Indianer, die zu dieser Zeit bereits in Amerika lebten, blieben in der Nacht daher wohl im Lager, um gefährliche Begegnungen mit diesen Tieren aus dem Weg zu gehen.

 

Als die modernen Menschen vor nicht mehr als 50 000 Jahren nach Europa kamen, waren die Säbelzahnkatzen dort anscheinend schon lange ausgestorben, vermuteten die Forscher lange. Bis dann im März 2000 ein Fischer 80 Kilometer vor der holländischen Küste mit seinem Netz einen Unterkiefer eines solchen Tieres aus dem flachen Wasser der Nordsee fischte. Mithilfe der Radiokohlenstoff-Methode ermittelten die Forscher ein Alter von rund 28 000 Jahren. In dieser Zeit lag der Boden der Nordsee dort trocken; eine Kältesteppe zog sich bis zu den Gletschern der Eiszeit, die damals Nordeuropa und Teile Mitteleuropas in ihrem eisigen Griff hielten.

„In der Nacht waren die Katzen den Menschen überlegen“

Michael Hofreiter von der Universität Potsdam und seine Kollegen konnten aus diesem Knochen jetzt Erbgut isolieren. Es unterscheidet sich nur sehr wenig von anderen Homotherium-Funden aus Kanada. Die Forscher vermuten daher, dass die Säbelzahnkatzen Nordamerikas und Europas anders als bisher vermutet zu einer einzigen Art gehörten, die in der Alten und Neuen Welt gleichermaßen zu Hause war.

Wo aber war die europäische Linie hergekommen, deren Spuren sich doch vor rund 300 000 Jahren langsam verloren? Vielleicht hatten die Säbelzahnkatzen doch in Europa überlebt? In kleinen Gruppen zum Beispiel, die gelernt hatten, sich von den Speeren der Menschen fernzuhalten? Und von denen bisher keine Überreste aufgetaucht sind? Oder waren sie hierzulande tatsächlich ausgestorben, hatten aber in Sibirien oder in Beringia, der damals trockengefallenen Meeresstraße zwischen Alaska und Sibirien, überlebt? Für sehr mobile Tiere, wie es die Säbelzahnkatzen wohl waren, scheinen einer Rückkehr nach Europa in diesem Fall kaum Hindernisse im Weg gelegen zu haben. Den wenigen Menschen und ihren Speeren in Europa und Sibirien konnten sie tagsüber ja durchaus aus dem Weg gehen. „In der Nacht aber waren die Katzen mit ihrem hervorragenden Gehör und ihrem feinen Geruchssinn den Menschen weit überlegen“, ist sich Jordi Serangeli sicher. Da blieben die Steinzeitjäger im Dunkeln dann doch wohl lieber in ihren Lagern.