Der Sängerbund Plieningen feiert im Schloss sein 175-Jahr-Jubiläum.

Stuttgart-Plieningen - Eigentlich ist der Sängerbund Plieningen schon vier Jahre älter als auf dem Papier steht. Bereits 1834 haben sich Plieninger Männer zur Pflege des deutschen Liedes zum Gesangverein Plieningen zusammengetan. Offiziell weisen die Chroniken jedoch das Jahr 1838 als Gründungsjahr der Vereinigung auf.

 

Unstrittig ist, dass sich das Leben und die Gesellschaft im Lauf der 175 Jahre gewandelt haben. Welche wechselvolle Geschichte der älteste Gesangverein auf den Fildern aufweist, wurde am Samstag bei einem Festakt des Sängerbunds Plieningen im Balkonsaal des Hohenheimer Schlosses ersichtlich.

„Was blieb in einer Zeit ohne Smartphone, Internet, Satellitenfernsehen und Sportverein?“, fragte der Vereinsvorsitzende Andreas Neubert in seiner Festrede. Die Antwort: das gemeinsame Singen in den Gaststätten. Was sich über die Jahre veränderte, stellte der Vereinschef vor rund 100 Gästen, darunter CDU-Bundestagsabgeordneter Stefan Kaufmann und Grünen-Landtagsabgeordneter Nikolaus Tschenk sowie Vertreterinnen des Stuttgarter Gemeinderats, in einem Rückblick vor. Enorme Mitgliederschwunde musste der Verein nach den beiden Weltkriegen verkraften. Und die 100-Jahr-Feier musste abgesagt werden, weil fünf Tage zuvor die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen war.

Garant für Beständigkeit und Orientierung

„1973 wurden für den Verein existenziell wichtige Weichen gestellt“, sagte Neubert. „Man nahm weibliche Mitglieder auf, gründete einen gemischten Chor und eine Theatergruppe, die weit über die Filder hinaus bekannt wurde.“ Um jüngere Mitglieder zu gewinnen, wurde vor zehn Jahren der Chor Offbeat ins Leben gerufen. Dieses Jahr steht laut dem Vereinschef die Gründung eines Kinderchors bevor. Angesichts stetiger Herausforderungen hielt er fest: „Egal in welcher Zeit – es war nie einfach, einem Verein vorzustehen.“

Im Namen der Stadt Stuttgart gratulierte Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann. „Stuttgart wird häufig als Chorhauptstadt bezeichnet“, sagte sie. Als einer der ältesten Chöre habe der Sängerbund bei der Eingemeindung Plieningens 1942 schon eine „halbe Ewigkeit“ existiert. Eisenmann lobte den Verein als Garant für Beständigkeit und Orientierung in einer schnelllebigen Zeit und überreichte eine Jubiläumsurkunde. Zudem spendiert die Stadt den 170 aktiven Sängern 1750 Euro.

„Ich singe gerne, aber viel lieber höre ich Chören zu, die es wirklich können“, gestand Edgar Hemmerich, der Bezirksvorsteher Plieningen/Birkach. Der Sängerbund kehre immer wieder mit Auszeichnungen von regionalen und bundesweiten Wettbewerben zurück, berichtete er. Die Gruppe von Sängern halte die Gemeinde stets attraktiv, meinte Hemmerich.

„Singen ist das Atemholen der Seele“

„Singen ist das Atemholen der Seele“, sagte Irmgard Naumann, Vizepräsidentin des Schwäbischen Chorverbandes, in ihrer Laudatio, nachdem Offbeat wie zuvor bereits der gemischte Chor einige Lieder gesungen hatten. Der Präsident des Chorverbandes Filder, Roland Scholpp, fügte hinzu: „Wo Menschen singen, da versteht man sich, wie hier beim Sängerbund.“

Den Schlussakkord bei den Reden setzte Folker Baur stellvertretend für den Turnverein Plieningen und den Vereinsring. „Kein Verein in Plieningen ist meines Wissens schon so lange aktiv“, sagte er. Selbst der Sportverein mit seinen bald 140 Jahren sei ein „Jungspund“. Seine Bereitschaft, mit anderen Vereinen zu kooperieren, mache den Sängerbund besonders, so Baur.

Gemeinsam stimmten die Sängerinnen und Sänger mit einer Altersspanne von 16 bis 88 Jahren das Schlusslied an. Unter Beifall erklangen die Zeilen „Spiel mir eine alte Melodie voll Gefühl und Harmonie“.