Mit 22 Jahren hat es Sabrina Hartmann an die Spitze der SPD im Kreis geschaftt. Die Studentin aus Salach hat mit den mehr als 700 Mitgliedern im Kreis einiges vor.

Salach/Göppingen - – Sabrina Hartmann heißt die neue Vorsitzende der SPD im Kreis Göppingen. Bei der Kreisdelegiertenkonferenz erhielt sie 94 Prozent der Stimmen. Am Dienstag wird die 22-Jährige im Gemeinderat Salach vereidigt. Ihr Vorgänger Sascha Binder war im selben Alter an die Spitze der Kreispartei getreten. „Das zeigt, wie unsere Partei ist“, sagt Hartmann. Aber was ist aus der guten alten Ochsentour geworden?
Frau Hartmann, Franz Müntefering hat einmal gesagt, der SPD-Vorsitz sei das schönste Amt neben dem Papstamt. Wo würden Sie den Kreisvorsitz auf dieser Skala einordnen?
Ich denke, es ist ein tolles Amt, weil man die Möglichkeit hat, ganz viel zu gestalten. Ich glaube aber auch, dass man gute und starke Nerven braucht, weil, was man macht, vielleicht nicht immer allen passt.
Früher führte der Weg zu solchen Ämtern noch über die Ochsentour.
Ich denke, wenn die Leute merken, da kommt jemand, der will das, hat Ideen und traut es sich zu, dann wird er auch ernst genommen, und es gibt keine Vorurteile. Das zeigt, wie offen wir als Partei sind.
Als Müntefering seinen Satz sagte, waren Sie zwölf Jahre alt. Jetzt sind die 22. Wie kommt man als junge Frau zur alten Dame SPD?
Bei mir gaben zwei Politikfelder den Ausschlag: Ich möchte mich später nicht zwischen Familie und Beruf entscheiden müssen. Für mich macht da die SPD die fortschrittlichste Familienpolitik. Zum anderen ist da die Bildungspolitik. Da habe ich selbst von sozialdemokratischen Errungenschaften schon profitieren können. Ohne Bafög wäre es schwer für mich gewesen zu studieren. Auch von der Abschaffung der Studiengebühren habe ich profitiert. Ich bin fest davon überzeugt, dass Bildung nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein darf. Deshalb war für mich der Weg in die SPD relativ schnell klar.
In jungen Jahren will man manches ausprobieren und sich vielleicht wieder verändern. Da ist so ein Amt doch ein Mühlstein.
Es gab schon eine Zeit, in der ich mir vorstellen konnte, einmal wegzuziehen. Dann habe ich im Bundestag in Berlin ein Praktikum gemacht. Dadurch gewann ich neue Eindrücke, aber als ich zurückkam, habe ich gemerkt, dass ich doch gerne hier bleiben will und hier stärker verwurzelt bin, als mir vorher bewusst war. Ich schätze die Lage des Kreises. Wir haben zum einen die Nähe zur Landeshauptstadt Stuttgart, sind da schnell im Geschehen. Wenn wir aber in Salach hinten raus gehen, sind wir sofort in einer schönen Natur.
Jetzt übernehmen Sie die SPD in diesem schönen Kreis. Wie ist ihr Zustand?
Die SPD ist stark aufgestellt. Wir haben in Heike Baehrens wieder eine Bundestagsabgeordnete, mit Sascha Binder und Peter Hofelich sind wir im Landtag und in der Regierung vertreten. Leni Breymaier ist stellvertretende Landesvorsitzende. Wir sind in der Region vertreten. Im Kreis haben wir seit der letzten Kreistagswahl wieder in jedem Wahlkreis einen Sitz. Wir haben viele junge engagierte Leute, die im Vorstand wirklich mitschaffen wollen. Mit dem Bürgerbüro am Schillerplatz haben wir wieder eine zentrale Anlaufstelle. Ich sehe uns im Kreis auf jeden Fall als Volkspartei.
Ihre Wahlergebnisse bleiben hinter diesem Anspruch aber zurück. Dabei war Göppingen eine Hochburg der Arbeiterbewegung.
Deshalb möchte ich den Kontakt zu den Gewerkschaften auf jeden Fall weiter pflegen und ausbauen. Ich werde mich dort möglichst bald auch vorstellen. Ich finde diesen Austausch ganz wichtig, damit wir über unsere Arbeit informieren, aber auch von außen etwas aufnehmen können.
Wo stehen Sie innerhalb der SPD?
Ich entscheide je nach Thema über meine Position. Mein starkes Wahlergebnis zeigt, dass wir als Kreis-SPD geschlossen in die Zukunft gehen.
Was qualifiziert Sie für Ihren Job?
Ich würde sagen, dass ich kommunikationsstark bin und gerne auf Leute zugehe. Ich habe kein Problem, vor vielen Menschen zu sprechen. Und ich habe Ideen, wie wir uns auf dem bestehenden starken Fundament weiter entwickeln können.
Nämlich?
Ich denke, es ist an der Zeit, dass wir uns kommunalpolitisch noch einmal breiter verankern. Was uns fehlt, ist ein Bürgermeister aus unseren Reihen. Das lässt sich natürlich nicht von oben herab verordnen, der Kreisverband soll dabei Dienstleister für die Ortsverbände sein. Ich möchte außerdem ein Veranstaltungsformat entwickeln, bei dem wir ohne die Formalitäten einer Delegiertenkonferenz über Themen nachdenken. Außerdem möchte ich, dass wir unseren Gestaltungsspielraum stärker nutzen. Mit Anträgen kann die Partei direkt Einfluss nehmen. Mein Fokus liegt da besonders auf der Kreispolitik.
Herr Binder hat als Kreisvorsitzender Karriere gemacht. Sie rücken morgen für Herrn Hofelich in den Salacher Gemeinderat. Wann werden Sie ihn denn im baden-württembergischen Landtag beerben?
Das habe ich so nicht vor. Als Kreisvorsitzende und bald Gemeinderätin in Salach habe ich jetzt zwei neue Aufgaben, die mich erst einmal auslasten. Das ist ein Schritt in die Politik, aber ich möchte das vorerst im ehrenamtlichen Bereich belassen.

Von-der-Leyen-Expertin

Vorsitzende
: Sabrina Hartmann ist auf einem Bauernhof in Salach aufgewachsen. Nach der Realschule in Eislingen, wechselte sie ans Wirtschaftsgymnasium in Göppingen. Momentan studiert die 22-Jährige Politikwissenschaft und Öffentliches Recht in Tübingen. Ihre Bacherlor-Arbeit hat sie schon geschrieben. Es geht darin um eine CDU-Politikerin: Ursula von der Leyen und die Kommunikation ihrer Familienpolitik.

 

Partei
: Die SPD zählt im Kreis 702 Mitglieder. Zum Vergleich: bei der CDU sind es knapp 1800. Bei der Bundestagswahl erreichte die SPD 21,7 Prozent der Zweitstimmen.