Deutschland muss aus Sicht des Islamismusexperten Ahmad Mansour einen Weg finden, dem politischen Islam Einhalt zu gebieten. Er spricht sich für ein Islamgesetz aus.

Berlin - Der Islamismus-Experte Ahmad Mansour hält ein eigenes Islamgesetz grundsätzlich für vernünftig. „Bestimmte Islamverständnisse, und das erfahren wir täglich, führen zu Konflikten mit dem Grundgesetz und den Werten dieser Gesellschaft. Denken Sie an Verschleierung, Handschlag, Schlachtung, Bestattung, Schwimmunterricht, Radikalisierung oder Religionsunterricht“, sagte Mansour im Gespräch mit unserer Zeitung. Ein solches Gesetz könne dafür sorgen, dass auf der einen Seite der Islam als Religion seinen Platz in der Gesellschaft finde und auf der anderen Seite dem politischen Islam Einhalt geboten werde. „Das ist notwendig und überfällig“, sagte Mansour, der auch Sprecher des reformorientierten Muslimischen Forum Deutschlands ist. Er kritisierte, dass jede Debatte über diese Punkte reflexhaft als populistisch bezeichnet werde. „Ich wünsche mir von so einem Islamgesetz die Reglung solcher Fragen und die Schaffung eines vom Ausland unabhängigen Islam, der ohne Wenn und Aber mit Demokratie und Grundgesetz vereinbar ist.“

 

Widerstand gegen Vorstoß zum Islamgesetz

Die Debatte um ein Islamgesetz schwelt schon länger und flammt jetzt vor dem Bundestagswahlkampf vor allem in der Union wieder auf. Am Wochenende hatten das CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn als auch die stellvertretende Parteichefin Julia Klöckner einen neuen Vorstoß gewagt und unter anderem eine Deutschprüfung für Imame, ein ausländisches Finanzierungsverbot für Moscheen und ein Moscheeregister gefordert. Spahn verteidigte seinen Vorschlag erneut und erklärte, alle Parteien seien sich einig, dass die Türkei die Moscheegemeinden in Deutschland nicht kontrollieren und dass Geld aus Saudi-Arabien keinen Einfluss auf die Muslime in Deutschland haben dürfe, sagte er. Aber niemand biete konkrete Lösungen an, wie das durchgesetzt werden solle. Nicht nur SPD, Linke und Grüne halten ein solches Gesetzesvorhaben für verfassungswidrig, auch die Bundesregierung erteilte dem Vorstoß eine Absage.

Ahmad Mansour, der sich mit der Deradikalisierung von muslimischen Jugendlichen beschäftigt, sieht dagegen einen dringenden Regelungsbedarf. Auch den Vorschlag eines Moscheeregisters befürwortet er. „Das ist sehr notwendig“, sagte er. „Zu wissen, wo welche Moschee ist, wer der Betreiber ist und welcher Islam da gepredigt wird, ist nicht nur für Politik und Verwaltung wichtig, sondern auch für mich als Muslim. Denn solche Information existieren nur begrenzt.“

Deutschpflicht in Moscheen nicht entscheidend

Mansour äußerte Unverständnis für Glaubensgeschwister, die sich von den Forderungen unter Generalverdacht gestellt fühlen: „Wer sich in der Opferrolle finden will, der findet schon immer Gründe dafür.“ Er wolle, dass ihm als Muslim und deutschem Staatsbürger auf Augenhöhe begegnet werde, das bedeute nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten.

Eine Deutschpflicht in Moscheen hält er nicht für entscheidend. Wichtiger als die Sprache seien die vermittelten Inhalte. „Wenn wir Jugendliche vor den Salafisten retten wollen, dann müssen wir auch Angebote auf Deutsch von in Deutschland ausgebildeten Imamen anbieten, aber hier dürfen wir nicht die alte Generation vergessen“, sagte er. „Sie sind des Deutschen oft nicht mächtig, weshalb sie religiöse Angebote in ihrer Muttersprache brauchen.“ Im Kampf gegen Radikalisierung kritisierte Mansour die muslimischen Verbände scharf. „Nur durch Reformation und eine ehrliche innerislamische Debatte können wir diesen Kampf gewinnen“, sagte er. „Von den Verbänden und den Moscheen kam bis jetzt jedoch nur inhaltsleere Distanzierung. Ohne einen deutschen, unabhängigen und reformierten Islam werden wir immer weiter Jugendliche an den Islamismus verlieren.“