Salvador Sobral hat den Eurovision Song Contest in Kiew gewonnen. Jetzt ist er schwer erkrankt und wartet auf der Intensivstation einer portugiesischen Klinik auf ein Spenderherz.

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Lissabon - Anfang des Monats nahm Salvador Sobral per Video Abschied von seinen Fans. „Es ist für niemanden ein Geheimnis, dass ich eine schwache Gesundheit habe“, sagte er – wie immer mit säuselnder Stimme. „Ich habe ein Problem und muss meinen Körper der Wissenschaft übergeben und mich von der Bühne und der Musik zurückziehen. Ich kehre bald zurück. Es wird alles gut gehen, niemand soll sich Sorgen machen.“ Dann spielte der Portugiese am Klavier den Beatles-Song „Hello, Goodbye“, der 50 Jahre nach seinem Erscheinen nichts von seiner Kraft eingebüßt hat: „I don’t know why you say goodbye, I say hello.“

 

Seit diesem Wochenende liegt Sobral, der vor vier Monaten in Kiew den diesjährigen Eurovision Song Contest (ESC) gewann, auf der Intensivstation eines Krankenhauses in der Nähe von Lissabon. Der 27-jährige Sänger leidet unter Herzrhythmusstörungen, die nach Ansicht seiner Ärzte nicht anders zu lösen sind als durch die Einpflanzung eines Spenderherzens. Sobral wartet auf ein neues Herz.

Der zurückhaltende Sobral ist ein Nationalheld geworden

Sobrals Leben war nach dem Sieg in Kiew mit dem Lied „Amar pelos dois“ (Lieben für beide), das ihm seine ältere Schwester Luísa geschrieben hatte, auf den Kopf gestellt worden. Der zurückhaltende Mann, der sich über die „Fastfoodmusik“ beim ESC mokierte, war auf einmal ein Star und Nationalheld geworden. Vor ihm hatte noch kein Portugiese den europäischen Liederwettbewerb gewonnen. Jetzt wollte ihn ganz Portugal hören und sich von ihm rühren lassen. Er ging auf Tournee, alle Konzerte waren ausverkauft. Dann kam die Nachricht, dass er drei Konzerte Ende August und Anfang September absagen musste. Sein Herz.

Einmal trat er doch noch auf, am 8. September beim Festival Internacional de Cultura in den Gärten des Casinos von Estoril, nicht weit von Lissabon. Es war ein tränenreicher Abschied. Während er gemeinsam mit seiner Schwester Luísa „Amar pelo dois“ vortrug, versagte ihm die Stimme. Er weinte, das Publikum sang das Lied statt seiner zu Ende. Die Menschen hatten weiße Luftballons in Herzform dabei. „Ich werde alle eure Liebe empfangen und in einem Kästchen aufbewahren“, bedankte sich Sobral. „Ich hoffe, sie hat darin Platz.“

Für Selfie- oder Autogrammwünsche ist er gewöhnlich nicht zu haben

Sobral ist ein unwahrscheinlicher Star, dem der Rummel um seine Person nie ganz geheuer gewesen ist. Für Selfie- oder Autogrammwünsche ist er gewöhnlich nicht zu haben. Er macht sich selbst darüber lustig, dass er nun das Leben einer Berühmtheit führe und sich erlauben könne zu fragen: „Wissen Sie eigentlich, mit wem Sie reden?“ Zu den Schattenseiten des Ruhms gehört das dauernde öffentliche Interesse an seiner Person, zumal an seiner Gesundheit. In einem Fernsehinterview sagte er, dass ihm seine Krankheit geholfen habe, „in der Art und Weise, wie ich an die Musik herangehe“. Anfang Mai, noch vor seinem Sieg in Kiew, sagte er in einem Zeitungsinterview: „Wenn ich morgen sterbe, sterbe ich superglücklich.“ Aber noch soll es nicht soweit sein.