Die Samenstau-Kampagne, mit der True Fruits für seine Säfte wirbt, bleibt in aller Munde. Nun ist der Werberat aktiv. Warum die Firma (fast) alles richtig macht.

Nachrichtenzentrale : Lukas Jenkner (loj)

Stuttgart - Jetzt hat also der Deutsche Werberat die Aufsehen erregende, weil schlüpfrige Werbekampagne des Bonner Smoothie-Herstellers True Fruits vor der Nase. Wie berichtet, wedelt True Fruits zurzeit öffentlich mit so saftig-klebrigen Slogans wie "Bei Samenstau schütteln" und "Oralverzehr - schneller kommst Du nicht zum Samengenuss" herum, um für seine neuen Säfte zu werben. Eine Menge Menschen sind dadurch in Wallung geraten und ergießen sich ins Internet - und über den Werberat. Es seien mehrere Beschwerden eingegangen, sagt Julia Busse, Sprecherin des Werberates in Berlin. Man habe das Unternehmen zu einer Stellungnahme aufgefordert, diese auch erhalten, nun kaut das Entscheidungsgremium des Werberates drauf herum.

 

Im Raum steht die Frage, ob die Kampagne gegen die guten Sitten verstößt und damit gegen den Kodex des Deutschen Werberates, der in solchen Fällen Rügen ausspricht. Im Stuttgarter Rathaus war man vor Kurzem der Meinung, dass mit der Kampagne die Grenzen des guten Geschmacks überschritten sind und hatte True Fruits geraten, in der Landeshauptstadt auf die Werbung zu verzichten. Auch in München hielt sich die freudige Erregung in Grenzen, dort verschloss man sich den Plakaten und untersagte sie kurzerhand.

Werbung in Stuttgart unterlassen

True Fruits schluckte diesen Hinweis und unterließ die Werbung in Stuttgart. Das kann der Bonner Samensafthersteller zweifellos leichten Herzens tun, schließlich hat er mit der medialen Präsenz und der Diskussion erreicht was er wollte: Das Thema ist in aller Munde und steckt in den Köpfen fest. Mit den gleichen Mechanismen hat übrigens die Stadt Stuttgart, die sich jetzt so sittsam zeigt, auch schon geworben. Während man bei der städtischen Kampagne gegen Zwangsprostitution noch von einem guten Zweck sprechen konnte, ging es bei der Kampagne der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) seinerzeit auch nur um Reklame. Da hatte die SSB mit einem Plakat geworben, auf dem eine Frau in flagranti erwischt wird, weil der treue Gatte nach Feierabend überpünktlich im Schlafzimmer steht. Sex verkauft halt einfach gut.

True-Fruits-Marketingchef Nicolas Lecloux hat die Vorlage des Werberates gleich genutzt und ein Video von sich ins Internet gestellt. Darin macht er sich über das Schreiben des Werberates mit allerlei schlüpfrigen Anspielungen lustig - und kann sich dabei kaum zurückhalten.

Spannend wären die Verkaufszahlen der einschlägigen Smoothies in nächster Zeit. Ob sich True Fruits mit den sexuellen Anspielungen auf seine Säfte einen Gefallen getan hat, ist die Frage. Die Genießer anderer, teils selbst gemixter Smoothies zumindest berichten gelegentlich, Chia-Samen gäben den Säften eine eher unangenehme, glitschige Konsistenz.