Der Bundesgerichtshof hat am Mittwoch im Fall der Samenspende geurteilt und entschieden, dass Kinder ein Anrecht darauf haben, zu wissen, wer ihr biologischer Vater ist.

Karlsruhe - Per Samenspende gezeugte Kinder haben grundsätzlich ein Recht darauf, den Namen ihres biologischen Vaters zu erfahren. „Ein bestimmtes Mindestalter des Kindes ist dafür nicht erforderlich“, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch in Karlsruhe. Wenn Eltern als Vertreter ihrer Kinder den Namen des Spenders wissen wollen, müssen Reproduktionskliniken diesen herausgeben.

 

Die höchsten deutschen Zivilrichter knüpften den Auskunftsanspruch allerdings an Bedingungen: Eltern könnten den Anspruch nur geltend machen, wenn dies der Information des Kindes diene. Auch müssten mögliche Auswirkungen auf das Privatleben des Samenspenders berücksichtigt werden. Dem Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung komme aber „regelmäßig ein höheres Gewicht zu“ (Az.: XII ZR 201/13). Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland etwa 100 000 mit Samenspende gezeugte Kinder.

Die BGH-Richter betonten, für Kinder aus Samenspenden könne die Information über den biologischen Vater „für die Entfaltung der Persönlichkeit von elementarer Bedeutung sein“. Für den Samenspender müsse die Auskunft zwar zumutbar sein. „Nicht maßgeblich sind hingegen seine wirtschaftlichen Interessen“, so der BGH. Theoretisch könnten Spendern nach Preisgabe ihrer Identität sogar Unterhalts- oder Erbschaftsklagen drohen.

Im vorliegenden Fall hatten zwei Schwestern aus der Nähe von Hannover Auskunft von einer Reproduktionsklinik verlangt. Das Landgericht Hannover lehnte dies ab, weil es die heute 12 und 17 Jahre alten Mädchen für zu jung hielt. Der BGH hob die Entscheidung nun auf und verwies den Fall mit dem deutlichen Fingerzeig dorthin zurück.

Das Gericht in Hannover muss nun klären, ob die Eltern die Auskunft wirklich für ihre Kinder wollen und es muss die Belange der Klägerinnen, der Klinik und des Samenspenders abwägen. Der BGH sah allerdings nichts, was dem Auskunftsanspruch der Mädchen entgegenstehen könnte - auch nicht der einst von den Eltern notariell erklärte Verzicht auf Herausgabe des Namen des anonymen Spenders.

In der mündlichen Verhandlung vor dem XII. BGH-Zivilsenat hatte der Anwalt der Klinik daran gezweifelt, ob es wirklich die Mädchen sind, die die Auskunft wollen, oder ob nicht vielmehr die Eltern die Frage nach dem biologischen Vater umtreibt. Die Mädchen seien schließlich nie selbst bei Gericht oder bei der Klinik erschienen. Der Anwalt der Klägerinnen hatte dieses „Szenario“ allerdings zurückgewiesen.

Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1989 hat jeder das Recht auf Kenntnis seiner Herkunft. 2013 billigte das Oberlandesgericht Hamm (Nordrhein-Westfalen) erstmals in einem konkreten Fall, dass durch künstliche Befruchtung gezeugte Kinder Anspruch auf den Namen ihres Vaters haben.

Samenbanken und Reproduktionskliniken sicherten Spendern in Deutschland jahrzehntelang vertraglich Anonymität zu. Seit 2007 gibt es neue gesetzliche Regelungen, nach denen Samenspender über die Möglichkeit aufgeklärt werden, dass von ihnen gezeugte Kinder später Kontakt zu ihnen suchen. Zudem müssen Unterlagen 30 Jahre lang aufbewahrt werden, zuvor archivierten sie viele Ärzte in der Regel deutlich kürzer.