Das Vaihinger Weltladen-Team beteiligt sich an einer deutschlandweiten Handy-Sammelaktion. Am Samstag, 26. September, stellt der Verein erstmals eine Box für ausgediente Mobiltelefone vor seinem Geschäft am Vaihinger Markt auf.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Stuttgart-Vaihingen - Die Deutschen kaufen im Jahr schätzungsweise 35 Millionen neue Mobiltelefone. Jedes dieser Handys wird im Schnitt 18 Monate genutzt. Danach liegt es entweder nutzlos in irgendeiner Schublade, oder aber es landet im Müll. Diese alten Handys summieren sich zu 5000 Tonnen Elektronikschrott im Jahr. Außerdem lagern in den Wohnungen der Deutschen schätzungsweise 100 Millionen ungenutzte Handys und Smartphones. Daraus ließen sich mehr als zwei Tonnen Gold, zwanzig Tonnen Silber und 720 Tonnen Kupfer gewinnen. Diese Zahlen stammen von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). „Und sie sind erschreckend“, sagt Nina Freund. Die 20-jährige Möhringerin studiert in Hohenheim Kommunikationswissenschaften und engagiert sich seit einiger Zeit beim Vaihinger Weltladen. „Bei Kaffee, Schokolade und Bananen weiß inzwischen jeder, dass es auch fair gehandelte Produkte gibt. Bei Elektronik ist das aber noch nicht in den Köpfen der Menschen verankert“, sagt Nina Freund und ergänzt: „Das ist nicht konsequent.“

 

Das Vaihinger Weltladen-Team beteiligt sich darum an der deutschlandweiten Handy-Aktion. Am Samstag, 26. September, stellt der Verein erstmals eine Sammelbox für ausgediente Mobiltelefone vor seinem Geschäft am Vaihinger Markt auf. Abgegeben werden kann außerdem Handy-Zubehör wie zum Beispiel Ladegeräte und Kopfhöhrer. Acht zumeist evangelische Organisationen haben die deutschlandweite Handy-Aktion vor einiger Zeit ins Leben gerufen. Ihnen geht es um die Frage, wo die Rohstoffe für Handys und Co. herkommen und unter welchen Arbeitsbedingungen diese gewonnen werden.

Oft menschenunwürdige Arbeitsbedingungen

„Die Menschen in Entwicklungsländern schürfen Gold und Silber oft unter unwürdigen Bedingungen“, sagt Nina Freund. Die Rohstoffe zu recyceln sei darum generell sinnvoll. In Elektronikgeräten seien die Rohstoffe bereits verarbeitet. Sie liegen damit in einer hohen Konzentration vor. Doch Kriminelle verschiffen den Elektroschrott oft illegal nach Afrika. Dort versuchen Kinder die Rohstoffe aus den Handys herauszubrennen. „Dabei entstehen oft giftige Dämpfe“, sagt die Studentin.

Peter Frommer ergänzt: „Wir dürfen unseren Elektronikschrott nicht in die dritte Welt bringen. Er muss dort recycelt werden, wo er entsteht.“ Frommer engagiert sich bereits seit 15 Jahren im Vaihinger Weltladen. Doch das Thema fair gehandelte Elektronik ist auch für ihn noch Neuland.

Als Konsument etwas mehr bezahlen

„Das Problem ist vielschichtig“, sagt der 63-Jährige. Mit einem Verzicht auf Rohstoffe, die unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt wurden, sei es nicht getan. Denn die Menschen in den Entwicklungsländern brauchen diese Arbeit, um ihre Familien ernähren zu können. Ein Verbot würde nur dazu führen, dass die Menschen illegal beschäftigt werden. Und das sei meist noch schlimmer. Also gelte es – ähnlich wie bei Kaffee und Kakao – mit den Produzenten ins Gespräch zu kommen, ihnen faire Arbeitsbedingungen zu bieten und dafür als Konsument am Ende eben etwas mehr zu bezahlen.

Nina Freund drückt es anders aus: „Wir müssen die Menschenwürde zu einem Grundsatz bei jeder Art von Konsum machen, also nicht nur, wenn wir Bananen kaufen.“ Darum mache das Team vom Vaihinger Weltladen bei der Handy-Sammelaktion mit. „Außerdem wollen wir mehr junge Menschen für das Thema fairer Handel interessieren“, sagt die Studentin.

Weltladen bietet fair gehandelte Computermäuse an

Die Handy-Sammelaktion am Samstag ist freilich nur ein Anfang. Die Boxen stehen künftig immer im Weltladen am Vaihinger Markt. Ist der Kasten voll, kümmern sich die Deutsche Telekom und die Deutsche Umwelthilfe als Kooperationspartner um das Recycling. Außerdem wird es in dem Laden künftig für etwa 30 Euro fair gehandelte Computermäuse zu kaufen geben. Das Unternehmen Nager IT hat diese erfunden. „Komplett fair ist die Maus nicht“, so Frommer. „Aber es ist die fairste ihrer Art und sie wird immer fairer.“

Infos

Die Handy-Aktion
am Samstag, 26. September, im Weltladen, Vaihinger Markt 11, dauert von 10 bis 13 Uhr. Das Geschäft hat montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr und samstags 9 bis 13 Uhr geöffnet. Weitere Infos unter vaihingen@stuttgarter-weltlaeden.de und facebook.de/weltladenstuttgartvaihingen.

Ansprechpartner
für die Handy-Aktion allgemein ist das Zentrum für entwicklungsbezogene Bildung der Evangelischen Landeskirche in Württemberg (ZEB) an der Büchsenstraße in Stuttgart-Mitte, Telefon: 22 93 63-2 46, Mail: zeb@elk-wue.de. Weitere Infos dazu stehen im Internet unter www.handy-aktion.de

Fair telefonieren
: Mit Kaffee und Bananen hat alles angefangen. Mittlerweile gibt es faire Kleidung, Fußbälle und Computermäuse. Ein niederländisches Unternehmen hat außerdem das Fairphone entwickelt, das zumindest teilweise fair produziert wird. Weitere Infos hierzu unter www.fairphone.com(atz)