Die Sanierung der Plieninger Martinskirche läuft auf vollen Touren. Zimmerleute und Steinrestauratoren sind im Einsatz. Letztere müssen 700 Quadratmeter Fassade und 700 Meter Fugen konservieren.

Plieningen - Es hat gekracht im Gebälk. Im Dachstuhl der Plieninger Martinskirche sind zahlreiche Balken morsch. Die Zimmerleute haben viel zu tun. Besonders, da die Holzbalken nicht einfach ausgetauscht, sondern tatsächlich ausgebessert werden. „Das sind quasi Prothesen“, sagt der Pfarrer der evangelischen Gemeinde, Hans-Peter Ziehmann, und zeigt auf einen dunklen, alten Balken, in dessen Mitte ein Stück neues, helles Holz millimetergenau eingepasst wurde. „Befestigt wird alles mit Holznägeln“, sagt Ziemann. So wird das ursprüngliche Bild erhalten. Das ist an vielen Stellen nötig, so will es der Denkmalschutz.

 

Die Arbeiten im Gebälk sind nur ein Teil der umfassenden Sanierung des Gotteshauses am Mönchhof, sie hat im Frühjahr begonnen. Einiges ist marode an der ältesten Steinkirche Stuttgarts. Saurer Regen und aufsteigende Salze im Mauerwerk haben die Fassade stark angegriffen, die Steine haben Risse, die Fugen bröckeln. Zudem muss das Dach an einigen Stellen neu gedeckt werden. Wenn das Kirchenschiff nach dem ersten Bauabschnitt fertig restauriert ist, kommt der Turm an die Reihe. Bei den Voruntersuchungen wurde klar, dass auch er die besten Jahre hinter sich hat, sowohl was die Fassade als auch das Dach betrifft.

Stein für Stein, Balken für Balken wurde inspiziert

Jene Voruntersuchungen waren aufwendig. Mehrere Monate lang wurde Stein für Stein, Balken für Balken inspiziert. Das war vergangenes Jahr. Dann wurden die Pläne erstellt, in denen jeder einzelne Stein und jede Maßnahme verzeichnet sind.

Einen solchen Plan hält Heidi Mattern in den Händen. Die Frau mit dem Nasenring und den festen Schuhen steht auf dem Gerüst an der Fassade der Martinskirche und gleicht noch mal ab, was an dem Stück Mauer vor ihr genau ansteht. Dann greift sie zu Mörtel und Minispachtel und macht sich an der Fuge zu schaffen. Mattern ist eine von vier Steinrestauratorinnen, die derzeit am Äußeren der Kirche arbeiten. „Unsere Aufgabe ist es, zu konservieren, was geht“, erklärt die Restauratorin. Immer mit der Absicht, die alte Bausubstanz zu erhalten. Die Handwerkerinnen festigen die Steine, wo sie standen, schließen Risse im Mauerwerk und kümmern sich auch um die Grabplatten an der Außenfassade, die Epitaphien – alles ist filigrane Arbeit.

700 Quadratmeter Fassade und 700 Meter Fugen

Insgesamt 700 Quadratmeter Fassade und rund 700 Meter Fugen wollen die Frauen bis zum Herbst restauriert haben. Wo es nicht mehr möglich ist, die alte Substanz zu erhalten und etwa Steine ausgetauscht werden müssen, übernimmt dann der Steinmetz, erklärt Heidi Mattern.

Wenn alles gut läuft, soll die Sanierung Ende 2015 abgeschlossen sein, sagt Hans-Peter Ziehmann. Fast eineinhalb Millionen Euro kostet das Vorhaben. Neben Förder- und Eigenmitteln konnte ein großer Teil auch durch Spenden finanziert werden, erzählt der Pfarrer. Mit der Talente- und diversen anderen Aktionen der Gemeinde, wie etwa dem Verkauf eines eigenen Martinskirchen-Weins, aber auch durch Spenden ohne Anlass sind seit Anfang 2013 rund 90 000 Euro zusammengekommen. Eine Summe, auf die Ziehmann stolz ist. Zum Dank hat die Gemeinde am Eingang der Kirche eine Tafel aufgehängt. Darauf sind die Namenaller Spender zu lesen.