Der Sanierungsbedarf der Stuttgarter Staatsoper ist gewaltig: 300 Millionen Euro kostet sie nach der Schätzung von Experten. Ein Gutachten weist erhebliche Mängel in fast allen Bereichen auf. Doch wer soll dies bezahlen?

Kultur: Tim Schleider (schl)

Stuttgart - Zwischen 299 Millionen und 311 Millionen Euro wird die anstehende Sanierung des Opernhauses in Stuttgart kosten – und damit um ein Vielfaches mehr als jene 18 Millionen, die Land und Stadt für dieses seit 15 Jahren diskutierte Bauvorhaben zurückgestellt haben. So steht es zumindest in einem Gutachten des Unternehmens Kunkel Consulting aus Bürstadt (Hessen), das dem Verwaltungsrat der Staatstheater am Montag vorgelegt wurde. Dieses von Land und Stadt paritätisch besetzte Kontrollgremium hatte das Gutachten selber im April vergangenen Jahres in Auftrag gegeben.

 

Über die Grundzüge des Gutachtens und die unerwartet hohe Bausumme hatte die StZ bereits im Februar berichtet. Die Gutachter listen erhebliche Mängel auf in der Haustechnik, der Bühnenmaschinerie, der Funktionalität der Bühne und in der „räumlichen Situation“ der Abteilungen. Wegen der „aufgrund des Alters der Anlagen unmöglichen Ersatzteilbeschaffung“ bestehe „hohes Ausfallrisiko“ und eine „Gefährdung der Betriebssicherheit des Opernhauses“. Die vorhandenen 18 Millionen Euro seien lediglich ausreichend, „eine kurz- bis mittelfristige Sicherung des Betriebes wie bisher zu gewährleisten“. Eine „nachhaltige und notwendige Sanierung“ mache dagegen „bauliche Anpassungen und Erweiterungen“ notwendig.

Das Bauprojekt könnte sieben Jahre dauern

In Zusammenarbeit mit dem Büro des britischen Architekten David Chipperfield entwickelt das Gutachten verschiedene Pläne für bauliche Erweiterungen der Oper auf deren Innenhof, zum Landtag und zum Königin Katharinen-Stift hin, sowie vor dem bestehen Kulissengebäude an der Konrad-Adenauer-Straße. Nach Genehmigung soll dieses Bauprojekt sieben Jahre umfassen. Davon wäre zwei bis drei Jahre lang kein Spielbetrieb im Großen Haus möglich, also eine Ersatzspielstätte nötig.

Nach der Sitzung des Verwaltungsrates betonten Kunstministerin Theresia Bauer und Oberbürgermeister Fritz Kuhn (beide Grüne) das gemeinsame Bekenntnis von Land und Stadt zur Oper. „Das Gutachten hat alle im Raum beeindruckt“, so Bauer.

Das Gremium beschloss, die Vorschläge von Kunkel Consulting eingehend zu prüfen, insbesondere, was die Anbauten angeht. Dafür will man sich Zeit lassen bis zum kommenden Frühjahr. „Wir lassen uns nicht aufteilen in 300-Millionen-Ja-oder-Nein-Leute“, meinte Kuhn. Im Übrigen müsse die Debatte so „transparent“ geführt werden, dass auch die Bürger das Projekt zum Schluss mittragen könnten.

Derweil zeigte sich Marc-Oliver Hendriks, der Geschäftsführende Intendant der Staatstheater, zufrieden mit dem Gutachten. Es habe den „gigantischen Sanierungsbedarf“ für das Opernhaus offengelegt: „Nun haben wir eine objektive Gesprächsgrundlage“, sagte Hendriks. Wenn die Stuttgarter auch noch „in 25 Jahren Oper und Ballett in Spitzenqualität erleben wollen“, dann müssten sie jetzt handeln.