Die denkmalgeschützte Staatsoper im Oberen Schlossgarten muss saniert werden. Wo aber finden während der fünfjährigen Umbauzeit die Opern- und Ballettaufführungen statt? Die Suche nach einer Antwort auf diese Frage dürfte den Verantwortlichen noch etliches Kopfzerbrechen bereiten.

Stuttgart - Die Ampeln stehen auf Grün“, sagte Kunstministerin Theresia Bauer (Grüne). „Wir nehmen Fahrt auf“, fügte ihr Parteifreund und Vorsitzender des Verwaltungsrats der Staatstheater, Fritz Kuhn, hinzu. Die Rede ist von der Sanierung und Erweiterung der fast 100 Jahre alten Staatsoper im Oberen Schlossgarten. Tatsächlich hat der Verwaltungsrat auf seiner Sitzung zu Wochenbeginn Nägel mit Köpfen gemacht – was die Umbauten angeht. Der Neubau des Kulissengebäudes entlang der Konrad-Adenauer-Straße wurde ebenso abgesegnet wie die Einbeziehung und Umgestaltung des sogenannten Böhmpavillons auf der Nordseite des Littmannbaus in die Sanierungsmaßnahmen. Einigkeit bestand schon länger über die partielle Erweiterung der denkmalgeschützten Staatsoper in Richtung Landtag, um den Einbau einer sogenannten Kreuzbühne zu ermöglichen, die es Oper und Ballett ermöglicht, mit wechselnden Bühnenbildern zu arbeiten.

 

Das Thema Ausweichquartier für die auf mindestens fünf Jahre veranschlagte Sanierungszeit allerdings dürfte den Verantwortlichen noch einiges Kopfzerbrechen bereiten. Und auch finanziell gilt es, etliche Hindernisse auszuräumen. Angesichts des baulichen Zustands der Oper ist nicht einmal gänzlich auszuschließen, dass man sich ad hoc nach einer neuen Spielstätte umsehen muss, wenn die veraltete Technik endgültig den Geist aufgibt.

Nach Informationen dieser Zeitung sind dabei allerdings zwei in der Öffentlichkeit diskutierte Varianten offenbar endgültig ad acta gelegt worden: Ein erneutes Plädoyer des Opernintendanten Jossi Wieler für die Überbauung des Eckensees – von der Stadt rigoros abgelehnt – traf in der Runde auf ebenso wenig Begeisterung wie die Idee, eines der beiden Möhringer Musicaltheater als Interimsstätte anzumieten. Die Akustik in Möhringen sei für Opern unzureichend, hieß es. Eine weitere Idee, das denkmalgeschützte Königin-Katharina-Stift abzureißen, um dort Platz für eine Übergangslösung zu schaffen, wurde jedenfalls von den städtischen Vertretern im Gremium rundweg abgelehnt.

Baut Kuhn die Schustersche Philharmonie auf S-21-Gelände?

Offiziell jedenfalls werden nun nur drei von OB Kuhn vorab ins Spiel gebrachte Flächen für eine Ersatzoper untersucht: das ehemalige Paketpostamt an der Ehmann-straße im Norden am Rosensteinpark, ein Grundstück beim Mercedes-Museum im Osten sowie das Stuttgart-21-Areal, wo gleich mehrere Flächen infrage kämen. Während es sich bei den ersten beiden Flächen um temporäre Lösungen handelt, die nur vorübergehend als Ausweichquartier für die Oper dienen könnten, schwebt manchem Kulturschaffenden über dem künftigen Tiefbahnhof der große Wurf vor: der Neubau einer Philharmonie, wie er schon von Kuhns Vorgänger im Amt Wolfgang Schuster (CDU) propagiert wurde. Die Konzerthalle könnte übergangsweise von Oper und Ballett genutzt werden und anschließend als Spielstätte für Orchesterauftritte etwa der Stuttgarter Philharmoniker und anderer Ensembles dienen.

Alternativ untersucht werden an dieser Stelle zwei Grundstücke: einmal ein Areal an der Ecke Schillerstraße/Willy-Brandt-Straße, das der Stadt gehört, sowie eine Fläche zwischen dem Planetarium und dem Landesinnenministerium, die im Landesbesitz ist. Der Vorteil einer solchen Lösung: die Grundstücke müssten weder gekauft noch gepachtet werden, die zentrale Lage käme den Wünschen der Intendanz entgegen, die schon mal vorbeugend vor der Abwanderung von Spitzentänzern und -sängern und vor einem Rückgang der Zuschauerzahlen gewarnt hatte, falls die Ersatzspielstätte an den Stadtrand gedrängt würde.

Doch auch die Nachteile sind evident: Das Gelände ist derzeit eine einzige Baustelle, niemand kann sagen, ob Stuttgart 21 wie offiziell von der Bahn behauptet 2021 fertig wird. Ein geplanter Umzug der Oper im Jahr 2019 wäre in jedem Fall illusorisch. Zudem dürfte zumindest an der Ecke Schillerstraße/Willy-Brandt-Straße die Gründung für ein Konzerthaus technisch aufwendig werden: Im Untergrund graben die SSB gerade einen neuen Tunnel für die Stadtbahn, und auch der von der Bahn dort gerade neu verlegte Abwasserkanal könnte sich als problematisch für das Fundament erweisen.

Interimsoper müsste nach fünf Jahren demontiert werden

„Für eine solche Lösung braucht es Zeit“, so ein Mitglied des Verwaltungsrats, und es sei keineswegs ausgemacht, dass die alte Oper nicht schon vorher „nicht in die Knie geht“. Die beiden anderen Ersatzstandorte böten unter diesem Gesichtspunkt bessere Perspektiven. Allerdings müsste das relativ abgelegene Gelände an der Ehmannstraße erst einmal von der Post gekauft, das ehemalige Paketdepot zudem technisch und akustisch aufgerüstet oder gar völlig umgebaut werden, um den Ansprüchen an Opern- und Ballettaufführungen gerecht werden zu können.

Das Areal beim Mercedes-Museum wiederum, das Daimler eigentlich für Parkplätze nutzen will und das planungsrechtlich immer noch als Sportfläche ausgewiesen ist, wäre tatsächlich nur eine temporäre Lösung ohne Nachnutzungschance – das hat Konzernchef Dieter Zetsche dem OB offenbar unter vier Augen klargemacht. Im Klartext: Das Provisorium müsste nach dem Ende der Sanierungszeit wieder demontiert werden.

Auch finanziell ist noch längst nicht alles in trockenen Tüchern. Abgesehen von den Kosten der Opernsanierung und -erweiterung, die von Experten auf mindestens 400 Millionen Euro taxiert werden und die sich Stadt und Land teilen müssten, steckt auch hier der Teufel im Detail. So ist noch längst nicht ausgemacht, ob sich das Land an den Kosten für den Bau einer Ersatzturnhalle für das Königin-Katharina-Stift mit 50 Prozent beteiligen würde. „Ich kann da heute kein positives Signal geben“, so Finanzstaatssekretärin Gisela Splett (Grüne) am Montag. Für OB Kuhn dagegen ist der Bau der neuen Turnhalle Teil der Opernsanierung: „Das Thema ist noch nicht ausgetragen.“