Die denkmalgeschützte Vogelsangschule von Behnisch und Lambart wird für fast 1,5 Millionen Euro renoviert. Die zwischen 1959 und 1961 in Pavillonbauweise gefertigten Gebäude gelten als ein in jener Zeit fortschrittliches und herausragendes Beispiel der Schulhausarchitektur.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-West - Der Schulhof der Vogelsangschule ist noch bis zum Ende der Sommerferien fest im Griff von Handwerkern. Betreten verboten. Das Gebäudeensemble der Architekten Günter Behnisch und Bruno Lambart am oberen Ende der Paulusstraße wurde zwischen 1959 und 1961 errichtet und steht unter Denkmalschutz. Die in Pavillonbauweise gefertigten Gebäude gelten als ein in jener Zeit fortschrittliches und herausragendes Beispiel der Schulhausarchitektur. Die Architekten wurden für den Bau der Grundschule 1963 mit dem Paul-Bonatz-Preis bedacht.

 

Derzeit werden Fenster und Fassaden der Schulgebäude erneuert. Das Schulverwaltungsamt will die Bauten energetisch auf den neuesten Stand bringen. Die Fenster erhalten thermische Profile und neue Gläser, die Wände werden von innen gedämmt. Des Weiteren müssen die Außenrollos, die als Sonnenschutz dienen, ausgetauscht werden. Auch die Elektrik samt Beleuchtung werde neu gemacht, gibt das Amt zur Auskunft. Im selben Zuge würden Telefonanlage und EDV-Netz erneuert. Hinzu kommen die Parkettsanierung und eine neue Möblierung. Ganz rumkommen werde man mit den Arbeiten in den Sommerferien freilich nicht – lediglich einer der vier Pavillons wird fertig werden.

Die Dächer sind schon in den Pfingstferien saniert worden

Die Sanierung ist ein Projekt, das sich über mehrere Schulferien erstreckt. Bereits in den Pfingstferien hatte das Schulverwaltungsamt die Dächer aller Pavillons sanieren lassen. Nun soll sukzessive ein Pavillon nach dem anderen renoviert werden. Bis zum Ende der Sommerferien 2016 sollen alle Arbeiten abgeschlossen sein. Kostenpunkt in toto: 1,46 Millionen Euro. Bereits im Jahr 2006 war eine Teilsanierung der Schule erfolgt. Damals nahm man sich des Hauptgebäudes an, dessen Fassade musste erneuert werden.

Die Vogelsangschule wirkt auf den ersten Blick eher unscheinbar, doch weist diese frühe Arbeit bereits jene Markenzeichen Günter Behnischs auf, für die der Architekt Berühmtheit erlangte: Offenheit, Transparenz, Bescheidenheit, Strenge, eine plausible Materialität und die Absage an jedwedes autoritäre Formenvokabular. Diese Gestaltungselemente lassen sich im weiteren Sinne auch begreifen als Distanzierung von Symmetrie und Gigantomanie, als eine demonstrative Abkehr von der Architektursprache der Nationalsozialisten. Dieser moderne, sanftmütige Geiste hauchte damit zugleich den Formenkanon für Schulbauten hinweg, der schon lange vor 1933 geherrscht hatte.

Man betritt die Schule entweder durch den Hauptzugang von der Paulusstraße aus oder über eine Treppe, die von der Vogelsangstraße zum Schulhof führt. Auf dem abschüssigen Gelände gruppieren sich das Hauptgebäude und die Doppelpavillons großzügig um einen terrassenartigen Schulhof. Ein weiteres Gebäude schließt die Lücke am östlichen Ende des Geländes. In dem locker arrangierten Ensemble aus überzählig niedrigen Bauten mit großen Fenstern manifestiert sich die Idee von der Durchdringung von Natur und Architektur. Konsequenterweise wurde der Baugrund auch nicht geebnet. Im Gegenteil: Dass sich die Anordnung der Baukörper offensichtlich an der natürlichen Topografie des Geländes orientiert, darf man durchaus als architektonisches Statement verstehen.

Zu den Klassenräumen in den Pavillons gehören jeweils ein Vorraum mit Garderoben, ein nach Süden ausgerichteter Klassenraum sowie ein kleines Zimmer, der für Besprechungen und als Stauraum genutzt wird. Jede Klasse hat einen eigenen Zugang zu ihren Räumen, worin die liberalen Tendenzen im Stuttgart jener Jahre ihren baulichen Widerhall fanden. Ziel der Architekten Behnisch und Lambart war es, für die Kinder eine warme, wohnliche und familiäre Atmosphäre zu schaffen.