Der Westen verschärft seine Gangart gegen Russland. Einreiseverbote und Kontensperrungen sollen Putin in der Krim-Krise zum Einlenken bringen. Doch der lässt sich nicht beirren.

Der Westen verschärft seine Gangart gegen Russland. Einreiseverbote und Kontensperrungen sollen Putin in der Krim-Krise zum Einlenken bringen. Doch der lässt sich nicht beirren.

 

Moskau/Brüssel/Washington - Nach dem Krim-Referendum haben die USA und die Europäer ihre Drohung mit schärferen Sanktionen gegen Russland wahrgemacht. Sie beschlossen Einreiseverbote und Kontensperrungen gegen Politiker, Parlamentarier und Militärs. Zugleich warnten sie Präsident Wladimir Putin vor einer weiteren Eskalation. „Wenn Russland weiter in der Ukraine eingreift, sind wir bereit, weitere Sanktionen zu erlassen“, sagte US-Präsident Barack Obama am Montag im Weißen Haus. Auch die EU stellte für den Fall härtere Strafmaßnahmen bis hin zu Wirtschaftssanktionen in Aussicht. Putin zeigte sich unbeeindruckt und treibt die Eingliederung der Krim zügig voran.

Die Krim-Krise: Was man jetzt wissen muss

Einen Tag nach der Volksabstimmung auf der Halbinsel, bei der sich fast 97 Prozent für einen Anschluss an Russland ausgesprochen hatten, rief die Autonome Republik am Montag offiziell ihre Unabhängigkeit von der Ukraine aus. Zugleich verabschiedete die moskautreue Führung in der Krim-Hauptstadt Simferopol einen Antrag auf Aufnahme in die Russische Föderation sowie die Anpassung der Uhrzeit an die Moskauer Zeitzone. Eine Delegation wollte in Moskau auch über einen Zeitplan zur Einführung des Rubels auf der Krim verhandeln.

EU-Einreiseverbote für 21 Personen

Die 28 EU-Außenminister einigten sich in Brüssel auf eine Liste von 21 Personen in Moskau und auf der Krim, gegen die Einreiseverbote verhängt und deren Konten gesperrt werden. In einer Erklärung forderten sie Moskau auf, die Lage zu deeskalieren und seine Truppen auf den Stand vor Ausbruch der Krise zurückzuziehen. „Weitere Schritte der Russischen Föderation zur Destabilisierung der Lage in der Ukraine würde zu zusätzlichen und weitreichenden Folgen“ führen, hieß es.

Von den EU-Sanktionen sind nach Angaben von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier 13 Russen und acht Spitzenpolitiker der Krim betroffen. Sie trügen alle Verantwortung für die Zuspitzung der Lage. Zehn Personen aus Russland seien Duma-Angehörige und Angehörige des Föderationsrates, drei weitere hohe Militärs, unter ihnen der Kommandeur der Schwarzmeerflotte.

Die USA erließen Einreiseverbote und Kontensperrungen gegen sieben russische Regierungsvertreter, darunter Vize-Ministerpräsident Dmitri Rogosin, sowie vier ukrainische Politiker. Einer davon ist der entmachtete Präsident Viktor Janukowitsch.

Obama betonte, mit den Strafmaßnahmen sollten „die Kosten“ für Russland für das Vorgehen in der Krim-Krise erhöht werden. Wenn Moskau seine Politik fortsetze, seien Washington und die internationale Gemeinschaft zu weiteren Schritten bereit. „Wir werden Russland weiterhin klarmachen, dass zusätzliche Provokationen zu nichts anderem führen werden, als Russland weiter zu isolieren und seine Rolle in der Welt zu schmälern.“ Doch die Tür für eine diplomatische Lösung stehe weiter offen.

Ashton: Russland muss Ernst der Lage erkennen

Die EU und die USA verurteilten den Volksentscheid als illegal und eklatanten Bruch des Völkerrechts. „Das ist nicht nur völkerrechtlich inakzeptabel, sondern es ist völkerrechtswidrig, was dort betrieben wird“, sagte Steinmeier in Brüssel. Es könne nicht sein, „dass wir beginnen, jetzt wieder Grenzen zu korrigieren“. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sprach vom „stärkstmöglichen Signal“ an Russland: „Und das Signal ist, dass wir sicherstellen wollen, dass sie (die Russen) den Ernst der Lage erkennen.“

Der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow bezeichnete das Referendum als „große Farce“. Das Parlament in Kiew stimmte einem Antrag auf Teilmobilmachung der Streitkräfte mit klarer Mehrheit zu. Zudem rief die Ukraine ihren Botschafter in Moskau, Wladimir Jeltschenko, zu Konsultationen nach Kiew zurück.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten im Zuge eines Drei-Stufen-Planes bereits am 6. März die Verhandlungen über Visa-Erleichterungen für Russen und über ein neues Rahmenabkommen zwischen der EU und Russland ausgesetzt. Über Wirtschaftssanktionen wollen sie an diesem Donnerstag bei einem Gipfel in Brüssel beraten.

Putin äußert sich am Dienstag

Russland will die Krim dessen ungeachtet rasch in die Russische Föderation aufnehmen. Putin verwies in einem Telefonat mit Obama auf das freie Recht der Menschen zur Selbstbestimmung. An diesem Dienstag will er sich vor beiden Kammern des Parlaments zu einem Beitritt der Halbinsel zu Russland äußern. Vizeparlamentschef Sergej Newerow sagte in Moskau: „Die Menschen haben für die Wiedervereinigung mit einem Volk gestimmt, mit dem sie immer gelebt haben.“

Deutschland erkenne das Ergebnis des Referendums nicht an, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Die Bürger auf der Krim hätten nicht die Möglichkeit gehabt, für den Status quo zu votieren. Und das Referendum habe unter dem Eindruck illegaler Präsenz russischer Truppen stattgefunden. Kanzlerin Angela Merkel habe Putin ihre klare Haltung in einem Telefongespräch noch einmal übermittelt.

In Brüssel forderte Steinmeier die Entsendung einer Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in die Ukraine. Diese solle beobachten, „ob Russland jenseits der Krim weiterhin aktiv ist und die Ukraine destabilisiert“.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn verwies auf die begrenzten Möglichkeiten der EU. „Heute segnen wir nicht irgendetwas ab, was illegal zustande kam. Aber realpolitisch müssen wir schon der Wahrheit in die Augen schauen“, sagte er. An der Lage auf der Krim könne man „nichts mehr ändern“. Der britische Außenminister William Hague sagte, es werde langfristige Kosten und Konsequenzen für Russland geben, wenn Moskau weiterhin auf diese Weise vorgehe.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte in New York, er sei zutiefst enttäuscht und besorgt, dass die Abstimmung auf der Krim die Situation nur noch verschärfen werde.

Die internationalen Finanzmärkte reagierten gelassen auf die Sanktionen gegen Russland. Die Ölpreise fielen im Tagesverlauf leicht. Wenig beeindruckt zeigten sich auch die Börsen in Frankfurt, New York, London und Paris. Der deutsche Leitindex Dax baute seine Gewinne am Nachmittag nach einem freundlichen Handelsauftakt an den US-Börsen auf 1,12 Prozent bei 9157 Punkten aus.