„Die Staatsaffäre“ klingt nach einem Politthriller, ist aber die schönste Romanze des Jahres. Darin verguckt sich die deutsche Regierungschefin, gespielt von Veronica Ferres, in Frankreichs Präsidenten.

Stuttgart - Vielleicht ist es eine Frage des Respekts: wenn sich deutsche Filme mit Politikern befassen, dann geht es zwar oft um Skandale, aber so gut wie nie um das Privatleben. Produktionen wie die Romanze „Küss mich, Kanzler“ (ARD 2004) oder die ZDF-Serie „Kanzleramt“ (2005) waren bisher große Ausnahmen. Aber nicht nur deshalb ist die Sat.1-Komödie „Die Staatsaffäre“ ein ganz besonderer Film: Ähnlich wie in vergleichbaren Hollywoodstoffen („Hallo, Mr. President“) darf eine deutsche Filmkanzlerin Gefühle zeigen und ein Liebesleben haben.

 

Im Zentrum der Geschichte steht die Liaison, die das Drehbuch einfädelt: Als sich Anna Bremer (Veronica Ferres) und der frisch gewählte französische Staatspräsident Guy DuPont (Philippe Caroit) bei einem Energiegipfel erstmals begegnen, stellen sie fest, dass sie sich schon lange kennen. Vor 25 Jahren, als DuPont in Berlin studierte, haben sie sich in der Nacht des Mauerfalls ineinander verliebt, anschließend aber aus den Augen verloren.

Der Film ist mit leichter Hand inszeniert

Schon allein diese Idee ist grandios, doch die Drehbuchautoren Don Bohlinger und James Dutcher kosten die Konstellation regelrecht aus, denn die Sozialdemokratin Bremer und der konservative DuPont stehen in unterschiedlichen Lagern: Ihr Herzensprojekt ist die europäische Energiewende, er sieht gar nicht ein, Kernkraftwerke zu schließen und Arbeitsplätze zu gefährden. Also tauschen sie tagsüber knallhart Argumente und nachts Zärtlichkeiten aus. Natürlich bleibt das nicht lange unentdeckt, zumal Bremers größter Feind in der eigenen Regierung sitzt: Minister Neumann (Stephan Kampwirth) möchte gern Kanzler anstelle seiner Chefin werden, hält die Energiewende ohnehin für Blödsinn und erpresst sie mit intimen Fotos. Und so muss sich Anna Bremer schließlich schweren Herzens entscheiden: für die Politik oder für die Liebe.

Der komödienerfahrene Michael Rowitz (zuletzt „Mit Burnout durch den Wald“) inszeniert den Film mit leichter Hand. Einige Nebendarsteller sind allerdings mitunter etwas übereifrig. Auch das Drehbuch übertreibt es hier und da: Dass der italienische Ministerpräsident mit zwei Damen zum Gipfel reist, die beide nicht mit ihm verheiratet sind, mag ja noch ganz amüsant sein, aber dass er auch buchstäblich die Hosen herunterlässt, als die Kanzlerin sagt, sie brauche ihn, ist niveaulos und passt nicht zum Humor dieses Films, der ansonsten vom doppeldeutigen Titel bis hin zur Gewürzsammlung in der Küche der Kanzlerin gerade im Detail sorgfältig ist.

Der Franzose Philippe Caroit ist eine echte Entdeckung

In den meisten Szenen ist der Humor jedoch weitaus weniger brachial. Sehr hübsch eingefädelt und ansprechend gespielt ist beispielsweise die Liebelei zwischen Bremers schüchternem Personenschützer (Bernhard Piesk) und ihrer Assistentin (Theresa Underberg).

Natürlich ist Veronica Ferres, die die Kanzlerin gerade in den staatstragenden Momenten durchaus glaubwürdig verkörpert, das Zentrum des Films, aber ihre beiden wichtigsten männlichen Mitstreiter sind nicht minder sehenswert. Der Franzose Philippe Caroit, ein Typ wie Alain Delon (aber 25 Jahre jünger), ist eine echte Entdeckung fürs deutsche Fernsehen.

Mit die besten Szenen hat jedoch der wunderbare Martin Brambach als leicht chauvinistischer, aber durch und durch loyaler Berater der Kanzlerin. Es wird kein Zufall sein, dass der gern in Krimis (und dann meist als Verdächtiger) besetzte Schauspieler gerade in Sat-1-Filmen („Barfuß bis zum Hals“) auch mal ganz andere Figuren verkörpern darf. Dem Sender wiederum gebührt Respekt, dass er sich nach dem „Minister“ und dem „Rücktritt“ schon zum dritten Mal auf ungewöhnliche Weise mit politischem Stoff befasst.