Die Landesregierung will nicht mehr in Unternehmen investieren, die klimaschädliche Produkte herstellen und verkaufen.

Stuttgart - Über vier Milliarden Euro zahlt Baden-Württemberg in diesem Jahr für die Altersversorgung von Beamten und Richtern im Ruhestand oder ihre Hinterbliebenen. Dass die Ausgaben stetig steigen werden, war schon vor Jahrzehnten absehbar. Um die Finanzierung langfristig abzusichern, hat die damalige CDU-FDP-Koalition daher zwei Sondervermögen errichtet: 1999 wurde eine Versorgungsrücklage, 2008 ein Versorgungsfonds eingerichtet.

 

Damit sich das Kapital sicher und möglichst gut vermehrt, wurde der größte Teil als Staats- und Länderanleihen sowie Pfandbriefe angelegt, eine immer wichtigere Rolle spielen aber auch Aktien und Investmentfonds. Denn von 2018 an sollen Mittel aus der Rücklage, von 2020 an aus dem Fonds den Landeshaushalt bei den Versorgungsausgaben entlasten. Dann nämlich darf das land keine neuen Schulden mehr machen. Und die wachsenden Pensionslasten würden die überschaubaren Gestaltungsspielräume der Politik noch mehr einschränken.

Zu einer grün-geführten Regierung passten die ausgewählten Aktienpakete allerdings überhaupt nicht, kritisierte kürzlich das Rechercheteam Correctiv: Ausgerechnet das Land mit einem grünen Ministerpräsidenten halte das größte Klima-Sünder-Portfolio. Das Land halte Aktien im Wert von 190 Millionen Euro von Unternehmen, die ihr Geld mit Kohle, Öl oder Gas verdienen und damit zum Klimawandel beitrügen. Darunter sind unter anderem der französische Öl-Konzern Total sowie Shell und BP. Aber auch Atomkraftwerkbetreibern und Tabakkonzernen kommen die Investitionen des Landes zugute.

Nein bei Kinderarbeit

Solche Vorwürfe will sich die Landesregierung offenbar nicht mehr allzu lange anhören. „Der grün-schwarzen Koalition ist Nachhaltigkeit auch bei den Geldanlagen sehr wichtig“, erklärte Finanzministerin Edith Sitzmann aus Anfrage. Das Land werde seine Aktien von Unternehmen, die ihr Geld mit fossilen Energieträgern machen, verkaufen. Auch Firmen, die geächtete Waffen und Rüstungsgüter oder Pornografie produzieren oder vertreiben, oder die auf grüne Gentechnik setzen, sollen bei Aktienkäufen nicht mehr berücksichtigt werden. Als weitere Ausschlusskriterien nennt das Finanzministerium Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Diskriminierung. Um das umzusetzen, sollen die Anlage-Richtlinien zügig verändert werden – eine Aufgabe, um die sich vorrangig Finanzstaatssekretärin Gisela Splett (Grüne) kümmern wird.

Das Geld, das künftig in die Versorgungsrücklage und in den Versorgungsfonds fließt, soll nach „nachhaltigen“ Kriterien angelegt werden. Bereits erworbene Aktien von Unternehmen, die den neuen Prinzipien widersprechen, sollten „zeitnah, marktschonend und kostengünstig“ verkauft werden, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Solche Überlegungen gebe es bereits seit längerem.

Aktienanteil bei 40 Prozent

Die Versorgungsrücklage umfasste Ende Juli 2016 ein Vermögen von knapp 3,28 Milliarden Euro, beim Versorgungsfonds waren es 1,98 Milliarden Euro. Bis zu 50 Prozent könnten nach den gesetzlichen Regelungen als Aktien angelegt werden, derzeit sind es rund 40 Prozent. Die durchschnittliche Rendite pro Jahr liegt nach Angaben des Finanzministeriums bei der Rücklage bei rund 4 Prozent, beim Versorgungsfonds sind es etwa 5 Prozent. Wegen der seit Jahren niedrigen Zinsen wurden die Aktienanteile im Jahr 2013 erhöht.

Gespeist werden die Sondervermögen überwiegend aus Steuermitteln. Seit 2012 fließen zwei Prozent von Gehalts- und Pensionserhöhungen in die Rücklage. In den Fonds werden für jeden neu eingestellten Beamten und Richter monatlich 500 Euro eingezahlt. Um die Versorgungsrücklage kümmern sich im Auftrag des Landes zwei Fondsmanager, um den Versorgungsfonds die Bundesbank.