Wie schon im vergangenen Jahr hat die Sillenbucher Schäferin Sorge, wie sie ihre Tiere durch den Winter bringen soll. Den Verwaltungen in Stuttgart und Esslingen wirft sie vor, sie nicht zu unterstützen. In den Rathäusern häufen sich indes Beschwerden.

Sillenbuch - Es ist wie ein Déjà-vu. Wieder sucht Nicole von Kopp Ostrowski die Öffentlichkeit, und wieder bittet sie, die Sillenbucher Schäferin, um Spenden, um ihre Schafe und Ziegen über den Winter zu bringen. Bereits im November 2016 hatte sie damit gedroht, die Tiere zum Schlachter geben zu müssen, wenn nicht genug Geld fürs Futter zusammenkommt. Daraufhin hatten zahlreiche Menschen geholfen. Ein „noch vierstelliger“ Betrag sei zusammengekommen. Und jetzt, kein Jahr später, wiederholt Nicole von Kopp Ostrowski die Drohung. „Ich habe dieses Jahr große Angst“, sagt sie, während sie im Eichenhain Wasser aus dem Hydranten zapft, den die Stadt ihr gelegt hat.

 

Auf diese Frage reagiert sie sofort aufgebracht

Fragt man sie, wie es weitergehen soll, ist die 44-Jährige sofort aufgebracht. Schuld sind aus ihrer Sicht in erster Linie die Verwaltungen in Stuttgart und Esslingen, für die sie mit ihren etwa 200 Schafen und Ziegen Flächen beweidet. „Das grundsätzliche Problem ist, dass mir so wenig bezahlt wird für die Ganztagsarbeit. Im Winter arbeite ich bis 3 Uhr morgens“, klagt sie. Fördermittel erhalte sie nur nach der Landschaftspflegerichtlinie des Landes, von den Kommunen darüber hinaus nichts. „Das finde ich echt traurig“, sagt sie und betont, so zitiert werden zu wollen. Sie spare den Städten Tausende von Arbeitsstunden durch die Beweidung, „das wollen sie alles gratis“. Wenigstens Anfahrts- und Benzinkosten könne man ihr erstatten, wettert sie.

Vor allem mit der Stadt Esslingen geht Nicole von Kopp Ostrowski hart ins Gericht. Die habe ihr einst eine Wohnung zugesagt, „sonst wäre ich nicht hergezogen“, die habe sie aber nie erhalten. Heute sei sie obdachlos, wohne mal hier, mal dort. Burkhard Nolte, der Leiter des Esslinger Grünflächenamts, weist die Vorwürfe von sich. „Nein. Ihr wurde keine Wohnung versprochen.“ Nach seinen Worten habe die ursprüngliche Vereinbarung zwischen Stadt und Schäferin so ausgesehen: „Durch Nachzucht und Verkauf von Ziegen und Schafen ihrer seltenen Rassen wollte sie ihren Lebensunterhalt verdienen. Voraussetzung sei, dass wir ihr städtischen Streuobstwiesenflächen unentgeltlich, also ohne die sonst übliche Pacht, zur Verfügung stellen. Zudem wollte sie weitere private Flächen zur Beweidung akquirieren.“

Der von ihr angedachte Kauf eines landwirtschaftlichen Anwesens habe sich zerschlagen. „Würde ihr die Stadt zusätzlich die Beweidung zahlen, wäre das förderschädlich, und sie bekäme dann keine Mittel vom Land mehr. Das akzeptiert sie jedoch nicht“, betont Burkhard Nolte.

Unzufrieden mit der Arbeit der Schäferin

Er ist derweil unzufrieden mit der Arbeit der Schäferin. Manche Flächen würden gar nicht beweidet, andere zu intensiv, so dass „massive Fraßschäden an alten Bäumen“ entstanden seien. In der Folge würden Fördermittel immer wieder gekürzt. Gleichzeitig gebe es viele Beschwerden – in Esslingen wie in Stuttgart. „Bei uns häufen sich Polizeianrufe, weil Tiere immer wieder ausbrechen und den Straßenverkehr gefährden. 40 Polizeieinsätze in zwölf Monaten. Daneben lagen zwei verendete Tiere eine Woche lang auf dem Grundstück“, erklärt Burkhard Nolte. Auch auf Privatgrundstücken würden Schäden bemängelt. „Das können wir so nicht dulden“, resümiert er. Nicole von Kopp Ostrowski hält dem entgegen, etwa an der Nonnenklinge Weiden mit „unbrauchbaren“ Zäunen erhalten zu haben, „ich bin laut Vertrag nur für die Reparatur zuständig“.

Auch in Stuttgart hatte es zuletzt Polizeieinsätze wegen entlaufener Tiere gegeben, die Halterin glaubt an Saboteure und Zaundiebe. Im April hatten Anwohner zudem Alarm geschlagen, dass die Schafe nichts zu saufen hätten. Hinter vorgehaltener Hand wird aus der Stuttgarter Verwaltung Verständnis für die Sorgen der Nachbarn geäußert. Offiziell heißt es, die Schäferin stehe unter sehr genauer Beobachtung des Garten- und des Ordnungsamtes.

Ist ein Verein der Ausweg?

Die Fronten scheinen zumindest auf Esslinger Seite sehr verhärtet. Juristen sind eingeschaltet. Bis der Streit geklärt ist, will Nicole von Kopp Ostrowski anderweitig zu Geld kommen. Den einzigen Ausweg sieht sie in der Gründung eines Vereins, der sich für die Arterhaltung alter, aussterbender Rassen einsetzt, wie sie sie hält, und der die Akquise von Großspenden begünstigt. Sechs weitere Gründungsmitglieder braucht sie. Vom Club verspricht sie sich eine dauerhafte Finanzierung, einen Plan B hat sie nicht. „Dann melde ich die Tiere morgen zum Schlachter an.“

Kontakt aufnehmen zu Nicole von Kopp Ostrowski kann man im Internet unter der Adresse www.schaf-ziege.de.