In Lima äußert sich der Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nicht zu einem möglichen europäischen „Flüchtlings-Soli“. Ansonsten äußert er sich mit starken Worten zur Flüchtlingskrise.

Lima - Die Bundesregierung rechnet offenbar damit, dass der EU-Haushalt massiv erhöht werden muss, um die Flüchtlingskrise in Europa zu bewältigen. Am Rande des Jahrestreffens von IWF und Weltbank in Lima bereitete Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mitreisende Haushalts- und Finanzpolitiker der Koalition darauf vor, dass der EU-Haushalt aufgestockt werden müsse, um große Flüchtlingslager an den EU-Außengrenzen zu bauen und die Länder wie die Türkei und Griechenland zu unterstützen.

 

Die Bundesregierung dementierte aber einen Medienbericht, wonach dazu in Deutschland an Steuererhöhungen gedacht werde. Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte zuvor berichtet, die EU-Kommission und Berlin bereiteten einen europäischen „Flüchtlings-Soli“ vor. So sei vorgesehen, die Mehrwertsteuer und Mineralölsteuer anzuheben, berichtete die Zeitung. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte dazu am Samstag in Berlin: „Es bleibt dabei: Weder wollen wir Steuererhöhungen in Deutschland, noch wollen wir die Einführung einer EU-Steuer.“

In dem Gespräch mit den Bundestagsabgeordneten in Lima schloss Schäuble dem Vernehmen nach Steuererhöhungen in Deutschland aus. Das sieht auch die große Koalition so. „Wir haben finanziellen Spielraum“, erklärte Schäuble auf einer Pressekonferenz in der peruanischen Hauptstadt.

Schäuble äußert sich nicht zu „Flüchtlings-Soli“

Schäuble wollte auf der Pressekonferenz Spekulationen über einen europäischen „Flüchtlings-Soli“ weder bestätigen noch dementieren. Dahinter könnte Schäubles Erwartung stehen, dass in anderen EU-Mitgliedsstaaten durchaus Steuererhöhungen notwendig werden könnten, um die Anhebung des EU-Haushalts zu finanzieren. Der EU-Haushalt für die kommenden Jahre ist bereits beschlossen worden. Bei einer Erhöhung des Etats müssten die EU-Mitgliedsstaaten Geld nachschießen. Nach den Überlegungen in Berlin und Brüssel müssten sich daran alle Mitglieder gemäß ihrem Finanzierungsanteil beteiligen.

Obwohl die Haushalts- und Finanzpolitiker der Koalition noch zuversichtlich sind, dass bei der Etataufstellung des Bundeshaushalts 2016 eine schwarze Null erreicht werden kann, wachsen die Zweifel. Nach den Plänen der Koalition soll der Bundestag Anfang November einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf 2016 verabschieden. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass der Etat im nächsten Jahr wegen der zusätzlichen Belastungen ins Defizit rutscht. Schäuble hatte mehrfach betont, die Bewältigung der Flüchtlingskrise habe absoluten Vorrang. Er will dafür notfalls auch vom ausgeglichenen Bundeshaushalt abrücken, um Steuererhöhungen in Deutschland zu vermeiden.

Schäuble: „Ring um Europa legen“

Aus seiner Sicht müsse Europa wieder die Kontrolle über die Zuwanderung gewinnen. „Das Entscheidende ist, einen Ring um Europa zu legen.“ Schäuble stellte aber klar, dass es nicht darum gehe, aus Europa eine Festung zu machen. Berlin will erreichen, dass das Flüchtlingsproblem in stärkerem Maß an den EU-Außengrenzen gelöst wird. Schäuble sprach sich für große Flüchtlingslager auf den italienischen und griechischen Inseln aus.

Außerdem sollen die Hilfen an Syriens Anrainerstaaten wie die Türkei und Libanon erhöht werden, wo sich viele Flüchtlinge aufhalten. Es sei besser, dass die flüchtenden Menschen in der Nähe ihrer Heimat die Zeit überbrückten, bis sie wieder in ihre Länder zurückkehren könnten, sagte Schäuble.