Lehrer, Vater, Regisseur, Maler und Bildhauer – der Donzdorfer Gerhart Kraner hat schon viele Rollen ausgefüllt. Jetzt zeigt er seine unbekannte Seite.

Donzdorf - Die Farben scheinen zu explodieren, und die schwarzen Striche, mit denen Gerhart Kraner die Flächen seiner großformatigen Bilder strukturiert, halten den Blick fest. So leicht kommt man ihm nicht davon, dem früheren Theatermann, der offenbar den Pinsel so schwingt, wie er früher im Donzdorfer Aktionstheater Regie geführt hat: mit einem untrüglichen Sinn für Dramaturgie. Bis zum 3. April sind 16 Acrylbilder von ihm in der Stadthalle in Donzdorf zu sehen.

 

Bilder zum Kampf zwischen den Geschlechtern

„Es gibt ein Leben nach dem Theater“, sagt Gerhart Kraner, der dem Aktionstheater im September den Rücken kehrte und seither mehr Zeit hat für seine zweite Passion, die bildende Kunst. Gemalt hat er immer und auch bereits viele Ausstellungen bestritten. „Ich habe früher Kunst studiert“, erzählt er. Ein einfaches Thema hat sich Gerhart Kraner nicht ausgesucht. Die 16 Acrylbilder versteht er als Studien zu den Themen „Gewalt – Krieg, Zerstörung – Tod, Frau – Mann, Liebe“. Keine fertigen Geschichten will er mit diesen Arbeiten erzählen, sondern auf die zerstörerischen Kräfte hinweisen, die aus der Polarität zwischen Mann und Frau hervorgehen können. „Seit Jahrtausenden gibt es den Kampf zwischen den Geschlechtern, zwischen Matriarchat und Patriarchat“, erläutert er. In der Vergangenheit bleibt er aber nicht haften, sein Anliegen ist die Gegenwart. „Die Gesellschaft löst sich momentan auf, es geht nur noch um Macht und Geld“, erklärt er. Eine Lösung für diese großen Problemstellungen hat er allerdings nicht. Der Betrachter soll selbst nach möglichen Antworten suchen. „Ich möchte nur Impulse geben.“

Die Geschichte hat Gerhart Kraner in seinem 75-jährigen Leben mehrmals gestreift. Als kleiner Junge hat er die Bombenangriffe auf Leipzig erlebt. Er erinnert sich noch gut daran. 16 Jahre war er, als seine Familie aus der früheren DDR flüchten musste, weil seine Brüder politisch verfolgt wurden. Sie standen im Verdacht, für den Westen zu spionieren. Später, in der Bundesrepublik, stand er im Fokus und wurde der Spionage für den Osten bezichtigt, weil er die „Prawda“ las. „Damals war man sofort als Kommunist verschrien“, erzählt er.

Lehrer, Vater, Regisseur, Maler und Bildhauer

Berlin, Dillenburg, Marburg, Stuttgart und Braunschweig sind die Lebensstationen Kraners im Westen. Hängengeblieben ist er in Donzdorf. Das war nicht so geplant. Doch in der kleinen Stadt fand er eine Anstellung als Lehrer im örtlichen Gymnasium. Donzdorf habe ihn nicht mehr losgelassen, sagt er. So holte er die Welt in die kleine Stadt. Er gründete das Aktionstheater und schaffte es, 1991 ein Internationales Theaterfestival aus der Taufe zu heben, das seither alle drei Jahre in Donzdorf stattfindet. Nebenher malte der vierfache Familienvater oder war als Bildhauer tätig. Und natürlich war er bis zu seiner Pensionierung vor elf Jahren Vollzeitlehrer. Er habe wenig Schlaf gebraucht, deshalb habe er all das gut auf die Reihe gekriegt, sagt er. Außerdem halte er es mit Albert-Schweitzer, der einmal gesagt habe, dass man sich eine Aufgabe vornehmen und zwei Stunden konzentriert daran arbeiten und sich erst dann wieder einer neuen Aufgabe widmen solle. Das Theater wie auch die bildenden Künste seien zudem für ihn ein Ventil, alles zu verarbeiten, was ihm im Leben begegne.

Aus der Theaterarbeit hat er sich zurückgezogen

Der Abschied vom Aktionstheater war für Kraner eine Enttäuschung. Es habe große Querelen gegeben, erzählt er. Trotzdem blickt er ohne Groll zurück. „Ich habe mich völlig aus der Theaterarbeit zurückgezogen und bin nun eigentlich froh, dass ich’s los bin“, sagt er. Gerade im Theater lerne man, dass das Leben aus Leben und Tod bestehe. „Irgendwann stirbt jede Inszenierung, dann fängt etwas Neues an.“

Und nun habe für ihn wieder eine neue Ära angefangen. „Ich habe jetzt viel Zeit für die bildende Kunst. Da will ich unbedingt dranbleiben“, sagt er. Denn die Füße hochzulegen sei seine Sache nicht. Und wenn er noch Zeit übrig habe, dann koche er gerne oder arbeite in seinem Garten. „Das sind meine Hobbys.“