Der Fischmarkt zieht die Massen ebenso an die die Jazzopen. „Die Stuttgarter sind nur noch am Feiern“, stöhnt dazu eine Unternehmersgattin.

Stuttgart - Der Boulevard der Begegnungen liegt hinterm Zaun. Bis in die Baugrube des Dorotheenquartiers Leben einzieht, findet die Begegnung über die Straße statt, auf dem Fischmarkt, der bis 19. Juli dauert. Gebaggert wird hier wie da.

 

Beim ersten Abend des Importvergnügens von der Waterkant war der Karlsplatz proppenvoll. Den Fischmarkt kann man nur hassen oder lieben. Apropos: „Wo sind die Frauen, die allein da sind?“, fragte an der Weinbar ein Mann besten Alters mit grauem Pferdeschwanz. Wahrscheinlich bei Ole Carstensen (was für ein Name), dem Chef der Cocktailbar, dem „inoffiziellen Heiratsmarkt“ für die nächsten Tage. Das meint jedenfalls der Fischverkäufer und Cheforganisator Klaus Moritz. Schließlich fühlen sich nicht nur die Gäste aus Hamburg zurzeit auf dem Karlsplatz „aufs Äußerste wohl“, wie es Wilfried Thal, der Präsident des „Verbands des Ambulanten Gewerbes und der Schausteller Hamburg“ (auch so ein Name) bei der Eröffnung feststellte. Für Fischmarkt-Fans heißt es jetzt kein Bangbüx (Angsthase) sein, was Menschenmassen angeht und Sabbelbüttel (Schwätzer) dezent abschütteln. Sollte zu späterer Stunde – aber Achtung, um 23 Uhr ist pietistische Sperrzeit – trotzdem nicht alles glattgegangen sein, gibt’s eventuell Hilfe am Stand der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Diese Information ist allerdings ohne Garantie.

Nur noch Restkarten für Gregory Porter

„Die Stuttgarter sind nur noch am Feiern“, stöhnte eine bestens in der Stadt vernetzte Unternehmersgattin. Der Eindruck täuscht nicht. Am Donnerstag feierte nur einen Steinwurf vom Karlsplatz entfernt im Hof des Alten Schlosses die Anwaltskanzlei CMS unter kunterbunt am Abendhimmel aufgespannten Regenschirmen. Und vis-à-vis im Ehrenhof des Neuen Schlosses gab es für das Konzert von Gregory Porter im Rahmen der Jazzopen 2015 nur noch Restkarten.

Oben auf der überdachten Tribüne ging es luftig zu. Sie fasst 600 Gäste mit Premiumtickets und ist einer der schönsten Plätze in Stuttgart – leider nur bis Sonntag. Auf den langen weißen Stehtischen laden Etageren mit viel zu leckeren Häppchen zum Naschen ein, über die pinkfarbenen Pfingstrosen geht der Blick direkt auf die Bühne. „Wir geben uns Mühe“, sagt der Veranstalter Jürgen Schlensog von der Agentur Opus. Allein 500 Übernachtungen von Künstlern organisiert sein Team während dieser Tage. Am Freitag spielte Max Herre auf dem Schlossplatz, am Samstag kommt Zaz, beide Abende ausverkauft. Die Jazzopen haben sich als Treffpunkt etabliert, sei’s bei Flammkuchen im Freien oder bei frisch gerollten Sushi im Neuen Schloss. Herr übers Catering ist Michael Wilhelmer (Stäffele, Ampulle, Amici, Schlachthof und Co.), zurzeit unschwer zu erkennen am Funkgerät am Ohr.

Die Megaversion eines Musikpavillons

Beim Auftakt der Schlosshof-Konzerte waren viele bekannte Gesichter dabei: Stefanie Schuster, die Frau des Alt-OB, Ulrike Groos die Chefin im Kunstmuseum, Wolfgang Kuhn von der Südwestbank, Josef May von Silhouette, der Weinhändler Karl Schartner. . . Ob oben oder unten, alle Besucher genossen den wunderbaren Sommerabend und die stimmungsvoll illuminierte Bühne, die aussieht wie die Megaversion des Musikpavillons einer ordentlichen deutschen Kurpromenade von Bad Wurzach bis Westerland. „You make me feel good“, jubelte Gregory Porter auf der Bühne. Den Zuhörern ging es nicht anders.