Der Streit zwischen den Schiedsrichtern Manfred Amerell und Michael Kempter ist am Mittwoch vor Gericht beigelegt worden.  

Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)

Stuttgart - Als um 13.32 Uhr alles vorbei ist, wird ein Streit feinsäuberlich in einen gelben Wäschekorb verpackt. Dorthin verfrachten die Anwälte von Michael Kempter all die Berge von Akten, die sich in den vergangenen Monaten angesammelt hatten. All die schmutzige Wäsche aus fast zwei Jahren. Draußen vor dem Fenster fallen unablässig die Regentropfen vom Himmel, es ist ein fürchterlicher Tag. Die Innenansicht in Saal 2.10 des Oberlandesgerichts Stuttgart ist kaum schöner. Michael Kempter schaut bedröppelt drein, ihm gegenüber sieht Manfred Amerell kaum glücklicher aus. Die Schlammschlacht hat Spuren hinterlassen, in den Gesichtern, aber auch im Innern. Hier ist soeben ein juristischer Streit zu Ende gegangen. Ohne Sieger.

 

Und doch, es ist wenigstens vorbei. Die beiden Parteien nahmen den Vorschlag des umsichtigen und um Befriedung bemühten Vorsitzenden Richters Matthias Haag zu einer gütlichen Einigung an. Amerell hatte Kempter auf 150.000 Euro Schadenersatz verklagt. Letzterer hatte in mehreren Interviews betont, dass sexuelle Kontakte zwischen den beiden gegen seinen erklärten Willen geschehen seien und er dies auch deutlich zum Ausdruck gebracht habe.

Amerell hat dies bestritten und von einer einvernehmlichen Beziehung gesprochen. In erster Instanz vor dem Landgericht Hechingen war Amerell gescheitert. Bei der Verhandlung am Mittwoch wurde klar, dass der 4. Senat Zweifel an den Aussagen Kempters hatte. Die Richter sahen einen "deutlichen Widerspruch zwischen den Aussagen beim DFB und der Staatsanwaltschaft sowie den Aussagen in der Presse". Aber es sei eine Gratwanderung.

Gütliche Einigung zwischen Amerell und Kempter

Beide Parteien einigten sich auf eine Erklärung von Kempter, in der der ehemalige Fifa-Schiedsrichter diese Aussagen nicht aufrechterhält und weiter erklärt: "Auch wenn ich nach meiner persönlichen Wahrnehmung die Ablehnung sexueller Kontakte von Anfang an zum Ausdruck gebracht habe, kann ich nicht ausschließen, dass Herr Amerell im Hinblick auf mein Einvernehmen eine andere Wahrnehmung gebildet haben könnte und dass meine Signale hinsichtlich des bei mir fehlenden Willens nach einer körperlichen Beziehung für ihn nicht wahrnehmbar sehr verhalten ausgefallen sein könnten." Zwei weitere Verfahren sind damit ebenfalls erledigt.

Amerell selbst wollte den Vorschlag erst ablehnen, besann sich auf Anraten der Richter dann aber doch eines Besseren. "Es sind zu viele Schachtelsätze - aber das ist wohl das Juristische." Zugleich hoffe er, dass man eines Tages vielleicht wieder normal miteinander reden könne. Während der Sitzung hatte er in Richtung Kempter einmal gesagt. "Der lügt wie gedruckt, heute wieder." Kempters Anwalt Christoph Schickhardt sagte: "Uns war wichtig, dass klar geworden ist, dass Herr Kempter die sexuellen Kontakte nicht wollte." Irritiert sei er aber darüber, wie deutlich man dies zum Ausdruck bringen müsse.

Als die wie auch immer geartete Beziehung der beiden Anfang des vergangenen Jahres bekannt wurde, stürzte dies den Deutschen Fußball-Bund in eine gewaltige Krise. Der DFB-Chef Theo Zwanziger hatte sich klar hinter Kempter gestellt, Amerell musste vom Amt als Schiedsrichterobmann zurücktreten. Mit E-Mails, SMS sowie Klagen gegen den DFB und Zwanziger versuchte Amerell, seinen Ruf in der Öffentlichkeit zurechtzurücken.

"Die Lebensqualität ist gegen null. Es ist nicht mehr zu korrigieren, bis zum Tod", sagte Amerell. Er sei in eine Situation gebracht worden, in der er keine andere Möglichkeit gesehen habe. Der Richter sprach von einer "Tragödie" in der Beziehung zweier Menschen und bat darum, nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen: "Ich appelliere an Sie, das heute zu beenden."