Mit einer Verfassungsklage wollen die Liberalen die grün-rote Landesregierung zu mehr Transparenz zwingen. Diese soll verraten, was das Schiedsverfahren um den Kauf des Energiekonzerns EnBW kostet.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Mit einer Art Musterprozess vor dem Staatsgerichtshof will die oppositionelle FDP die grün-rote Landesregierung zu mehr Transparenz zwingen. Ihr Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke kündigte jetzt eine Klage an, um feststellen zu lassen, dass das Finanz- und Wirtschaftsministerium von Nils Schmid (SPD) Auskunftsrechte des Parlaments verletzt hat. Anlass ist die (Nicht-)Antwort des Ressorts auf eine Frage der FDP zum Schiedsverfahren um die EnBW, in dem das Land von den Franzosen gut 800 Millionen Euro des Kaufpreises zurückfordert.

 

Zu den Kosten unter anderem für Rechtsanwälte, Gutachter und Gericht hatte Schmid die Auskunft verweigert mit der Begründung, es gehe um „laufendes Regierungshandeln, zu dem seitens der Landesregierung grundsätzlich keine Auskünfte erteilt werden“. „Wir haben das Recht zu wissen, welche Kosten entstehen“, betonte Rülke; dies gelte besonders im Blick auf die Reduzierung der Klage von zunächst zwei Milliarden Euro auf 834 Millionen Euro.

„Höchst unzufrieden mit Antworten der Regierung“

Der Chef der sieben FDP-Abgeordneten sieht darin nur einen von mehreren Fällen, in denen Auskunftsrechte des Parlaments beschnitten würden. „Meine Fraktion ist höchst unzufrieden mit der Beantwortung parlamentarischer Anfragen“, sagte er. Man habe mehrere Beispiele gesammelt, in denen Auskünfte mit Tricks oder Vorwänden verweigert worden seien. So habe sich das Kultusministerium trotz mehrerer Nachfragen immer ausweichend zur Einflussnahme auf einen Schulleiter geäußert, der sich in einem Interview kritisch mit der Gemeinschaftsschule auseinandergesetzt hatte. In einem andere Fall habe Finanzminister Schmid unter Berufung auf das Steuergeheimnis die Frage unbeantwortet gelassen, ob er vorab von der Nutzung einer politisch umstrittenen Steuersparklausel durch Porsche gewusst habe.

Mit der Klage wolle man die Regierung grundsätzlich dazu zwingen, „Fragen des Parlaments besser und wahrheitsgetreuer zu beantworten“, sagte Rülke. Grüne und Rote blieben mit ihrer bisherigen Praxis hinter dem eigenen Anspruch zurück, für mehr Transparenz und Teilhabe zu sorgen. Man habe den Eindruck, dass die „Bürgerregierung“ diesen selbst gesteckten Zielen nicht gerecht werde. Gerade beim Thema EnBW sei es „scheinheilig“, die frühere Regierung wegen der Umgehung des Parlaments zu kritisieren, „wenn man selbst vergleichbar vorgeht“.

CDU gibt der FDP Rückendeckung

Die Frage, ob zu schwarz-gelben Zeiten von der Regierung nicht ebenso „gemauert“ wurde, ließ der FDP-Fraktionschef offen; dies bedürfe „empirischer Studien“. Mit der Klage vor dem Staatsgerichtshof, die im Januar oder Februar eingereicht werden soll, betreten die Liberalen nach seinen Worten „rechtliches Neuland“. Es werde auch um eine Abgrenzung zwischen Verwaltungs- und Regierungshandeln gehen. Bis wann eine Entscheidung ergehe, sei nicht absehbar.

Während ein Sprecher Schmids auf die für das Schiedsverfahren vereinbarte Vertraulichkeit verwies, bekam Rülke Rückendeckung von seinem CDU-Kollegen Peter Hauk. Mehr Transparenz und eine bessere Zusammenarbeit mit dem Parlament, wie dies Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) versprochen habe, seien Lippenbekenntnisse geblieben. „Den Weg der FDP werden wir politisch klar unterstützen“, sagte der CDU-Fraktionschef.