Wenn sich Mitglieder der Stuttgarter Kurden und der Osmanen Germania begegnen, gehen sie aufeinander los. So war es auch am 21. April 2016, als sie sich vor dem Ludwigsburger Klinikum prügelten. Damals aber war die Attacke so massiv, dass jetzt wegen versuchten Totschlags verhandelt wird.

Ludwigsburg - Im April 2016 ist es vor dem Ludwigsburger Klinikum zu einer brutalen Auseinandersetzung zwischen Kurden und Türken gekommen. Seit Februar wird in der Sache am Stuttgarter Landgericht verhandelt. Kurz vor dem Ende ist noch einmal Schwung in das Verfahren gekommen: Nach der Aussage einer 24-Jährigen haben zwei der Angeklagten angekündigt, sich doch noch zu äußern. Bisher hatten die vier Männer und eine Frau auf der Anklagebank beharrlich geschwiegen.

 

Es geht in dem mit hohem Sicherheitsaufwand betriebenen Prozess um den Vorwurf des versuchten Totschlages sowie der gefährlichen Körperverletzung. Sowohl die mutmaßlichen Täter als auch deren Opfer sollen berüchtigten Straßengangs angehören. Die Angeklagten sollen zum Teil ehemalige Mitglieder der 2013 verbotenen Red Legions sein und sich heute den Stuttgarter Kurden zugehörig fühlen, während die Ermittler die zwei Männer, die bei dem Überfall in der Nacht auf den 21. April 2016 durch Schläge und Messerstiche verletzt worden sind, der Organisation Osmanen Germania BC zurechnen.

Die kurdische und die türkische Gang sind in der Vergangenheit wiederholt aufeinander losgegangen. So auch wenige Tage vor der jetzt am Landgericht verhandelten Tat. Auch bei der vorausgegangenen Schlägerei hatte es Schwerverletzte gegeben. Um einige der Opfer zu besuchen, waren die zwei mutmaßlichen Osmanen von Wuppertal nach Ludwigsburg gefahren. Als sie hier vor der Klinik aus ihrem Auto ausstiegen, wurden sie von bis zu 15 Angehörigen der gegnerische Gang überfallen, die offenbar schon auf sie gewartet hatte.

So zumindest hat es eine 24-Jährige dargestellt, die am Montag per Videoschaltung vernommen wurde. Die junge Frau war damals die Freundin eines der Opfer. Die Kammer hatte mehrmals versucht, die inzwischen wieder in ihrer Heimat – einer kleinen Stadt in Rumänien – lebende Frau zu einer Aussage nach Stuttgart zu laden.

Doch das kam nicht zustande, weil die Frau, die inzwischen Mutter eines kleinen Kindes ist, die Reise nicht auf sich nehmen wollte. Darum wurde sie am Montag per Videoübertragung aus einem Amtsgericht in Rumänien zugeschaltet. Ein Dolmetscher in Stuttgart und ein Amtsrichter in Rumänien dienten als Gesprächsvermittler.

Die 24-Jährige schilderte, dass sie an jenem Abend gemeinsam mit ihrem 25 Jahre alten Freund und dessen 41 Jahre alten Bekannten, den sie nicht gekannt habe, nach Ludwigsburg gefahren sei. Als sie ausgestiegen seien, hätten in nächster Nähe zwei weitere Wagen gehalten, aus denen schätzungsweise acht Personen ausgestiegen seien. Im Nu hätten diese und noch weitere Männer, die aus einer anderen Richtung gekommen seien, ihre zwei Begleiter umstellt und auf sie eingeschlagen. Und zwar mit Holzstöcken und Baseballschlägern. Messer habe sie nicht gesehen.

Als erstes habe ihr Freund einen Schlag auf den Kopf bekommen. Danach sei alles sehr schnell gegangen. Etwa sieben Männer hatten auf je eines der Opfer eingeprügelt. Irgendwann habe sie angefangen, laut zu schreien und dann habe sie die Polizei alarmiert. Die Osmanen erlitten schwere Kopfverletzungen und Stichwunden.

Die Zeugin will eine 27 Jahre alte Deutsch-Griechin aus Kornwestheim wiedererkannt haben, die mit auf der Anklagebank sitzt. Die Frau habe eines der Fahrzeuge der Angreifer gefahren, und sie sei ihr später noch einmal in der Notaufnahme der Klinik begegnet, als sie dort nach ihrem Freund gesucht habe. Die vier angeklagten Männer sind 21 bis 23 Jahre alt und kommen aus Stuttgart, Eislingen und Esslingen. Das Verfahren wird am kommenden Freitag fortgesetzt.