Interpreten aus fünf Ländern singen in Göppingen um die Stauferkrone, die an die große Zeit der großen Schlagerfestspiele anknüpfen will. Doch aller Anfang ist schwer

Göppingen - Richtige Glamourstimmung ist am Samstagabend beim ersten internationalen Schlagerwettbewerb in Göppingen nicht aufgekommen. Vielleicht lag es daran, dass der große Saal der Stadthalle höchstens zu drei Vierteln ausverkauft war, vielleicht auch an der häufig schlechten Qualität der Musik, die aus den Lautsprechern kam. Fakt ist, dass laute, stampfende Bässe vielfach die Melodien und Texte übertönt haben. Ein Glück für die Veranstalter, dass sich das Publikum den Spaß nicht nehmen ließ und von Schlager zu Schlager begeisterter mitging. Die Halle so richtig zum Kochen brachten aber die Interpreten, die außerhalb des Wettbewerbs auftraten: Laura Wilde, ein Wirbelwind auf der Bühne, das Duo Daniel & Steffen sowie die Akkordeon-Weltmeisterin Christa Behnke.

 

Schöner Hören ist kaum möglich

Eine Crux der Veranstaltung, die der Radiomoderator Michael Branik gewohnt souverän moderierte, war, dass die Interpreten nicht von einer Band begleitet wurden. In vielen Fällen war die Musik, die die Halle beschallte, so schlecht abgemischt, dass die einzelnen Instrumente nicht auseinanderzuhalten waren und die Bässe alles dominierten. Überhaupt hatte man den Eindruck, dass die Konserve vorherrschte. Offenbar sangen sogar manche Interpreten noch nicht einmal live, und die Gitarren, die sich einige der Stars umgehängt hatten, dienten lediglich als Staffage. Die Stimmung beflügelt so etwas natürlich nicht.

Dennoch ließen einige Interpreten aufhorchen. Die Fachjury, der unter anderen der SWR-Musikredakteur Edi Graf und der Schlagzeug-Virtuose Reiner Oliva angehörten, war sich mit dem Publikum darin einig, dass dem Titel „Die Liebe bleibt“, für den Ulrich Voss den Text und Vladimir Löbl die Musik geschrieben haben, ein Preis gebührt. Die Eschenbacherin Laura Carrino interpretierte den Song gekonnt. Hier passte einfach alles: vom hellblauen, mit Glitzersteinen besetzten Abendkleid bis zur Stimme und zur Musik. Entsprechend heimste die 26-jährige gelernte Industriekauffrau mit Musicalausbildung den Publikumspreis und den zweiten Preis der Jury ein.

Platz eins geht an einen Profi

Nur drei Punkte Abstand zum zweiten Platz hatte der Siegertitel „Cherchez la femme“, den die Stuttgarterin Bianca Spiegel vortrug. Die Schauspielerin und Musicaldarstellerin, die zwei Tänzer dabei hatte, überzeugte nicht nur stimmlich. Auch die Art, sich auf der Bühne zu bewegen, begeisterte. Das Publikum quittierte ihren Auftritt mit Schreien, Johlen und rasendem Applaus. Der Text des Siegertitels stammt im Übrigen aus der Feder von Wolfgang Hofer, der auch für Udo Jürgens schrieb. Die Musik hat Christian Bruhn komponiert, einer der erfolgreichsten deutschen Schlagerkomponisten. An ihn ging auch der Preis für die beste Komposition, den der Förderungs- und Hilfsfonds des Deutschen Komponistenverbandes eigens für diesen Wettbewerb ausgelobt hatte.

Platz drei ging nach Moldawien. Carolina Gorun ist in ihrer Heimat bereits ein Star. In ihrem roten Abendkleid bestritt sie mit dem Titel „Dein Name in meinem Herzen“ ihren Auftritt sicher. Doch ihre Stimme ging häufig unter. Nur wenn die Musik etwas zurückgenommener aus den Lautsprechern schallte, war das Potenzial der 27-Jährigen zu ahnen. Bemerkenswert war, dass viele Stimmen am Ende der Wettbewerbsbeiträge im Schnelldurchlauf, der offenbar vorproduziert war, besser rüberkamen, etwa die von Kevin Klang, der mit dem selbstgeschriebenen und selbstkomponierten „Fern von Raum und Zeit“ einen sehr leisen Titel präsentierte.

Der Moderator wünscht sich eine Wiederholung

„Letzte Plätze gibt es bei uns nicht, sondern nur vierte Plätze“, tröstete Branik bei der Preisverleihung die 16 Interpreten, die leer ausgingen. Er machte sich für eine Fortsetzung des Wettbewerbs stark, der sich in der Tradition der deutschen Schlagerwettbewerbe sieht. Der letzte fand vor 16 Jahren in Baden-Baden statt. „Diese Veranstaltung“, so Branik, „sollten wir nicht im Sack verschwinden lassen, sondern ausbauen. Ich freu mich schon auf 2016 in Göppingen.“