Der Gemeinderat in Stuttgart wird voraussichtlich alle Pläne für Fahrverbote ab 2018 ablehnen. Doch letztlich entscheidet das Land darüber.

Stuttgart. - Im Stuttgarter Gemeinderat wird es in der kommenden Woche trotz des intensiven Werbens von OB Fritz Kuhn (Grüne) absehbar keine Mehrheit für jedwede Form von Fahrverboten ab Januar 2018 geben. Diese sind im Entwurf des Luftreinhalteplans zeitweise und auf bestimmten Strecken für Dieselfahrzeuge unter der Euro-6-Norm vorgesehen. Diese Autos erhielten auch keine Blaue Plakette.

 

Der Luftreinhalteplan wird vom Regierungspräsidium (RP) erstellt und steht unter Kabinettsvorbehalt, letztlich entscheidet also das Land, egal, wie sich die Stadt positioniert. Wenn sich Stuttgart gegen Fahrverbote wendet, könnte dies aber die CDU in der bei diesem Thema fragilen Regierungskoalition als Ermunterung für ein Veto verstehen.

Mehrheit scheint sicher

Neben der CDU wandte sich am Donnerstag auch die SPD im Gemeinderat mit einem Änderungsantrag gegen alle ab 2018 alternativ in drei Stufen (Blaue Plakette, Fahrverbot auf Einfahrtsstraßen, Fahrverbot nur am Neckartor) vorgesehenen Verbote. FDP, Freie Wähler und AfD würden die insgesamt 26 Stimmen von CDU und SPD im Rat (61 Sitze) in eine klare Mehrheit von 37 Stimmen verwandeln. Könnte der Rat allein entscheiden, bliebe aus dem Plan nur ein ganzjähriges Fahrverbot ab 2020 übrig, das an die Blaue Plakette geknüpft ist. Die CDU fordert für den Lieferverkehr eine Frist bis Ende 2025.

Der Plan soll am 31. August in Kraft treten. Bis diesen Freitag können beim (RP) Anträge zum Entwurf abgegeben werden, bei guter Begründung auch bis Sonntag. Laut Robert Hamm, Leiter der RP-Pressestelle, lagen bis Mittwoch 111 Stellungnahmen vor, davon 102 von Privatleuten. Stuttgart wurde wegen fixer Ratstermine eine Fristverlängerung gewährt.

Was Menschen in Stuttgart von dem geplanten Diesel-Fahrverbot halten, sehen Sie in unserer Video-Umfrage:

CDU will Straßenbau

Neben der Ablehnung fordert die CDU gegen Feinstaub eine ausgedehnte „Spezial-Nassreinigung“ und künftig die Bezeichnung „Luftreinhaltetage“ statt Alarmtage. Die SPD will, dass über den Begriff nicht abgestimmt wird. Käme die Blaue Plakette, darf sie laut CDU erst angewandt werden, wenn 80 Prozent aller Fahrzeuge den Aufkleber erhielten. Das Land hatte ausgerechnet, dass dies 2020/2021 der Fall wäre. Zurückdrehen will die CDU Tempo 40 auf Steigungsstrecken, wenn sich bei einem Vergleich mit Tempo 50 keine deutlichen Verbesserungen zeigten. Als zusätzliche Maßnahmen sollen Straßenbauten wie der Ostheimer Tunnel, Nord-Ost-Ring und Filderauffahrt in den Plan.Am Donnerstag wandten sich elf Wirtschaftverbände in einer Pressemitteilung gegen die Fahrverbote. Sie seien „teils unzumutbar“, böten keine Lösung, um Feinstaub- und Stickoxid-Grenzwerte einzuhalten und zielten einseitig auf den Verkehr. Bürger und Betriebe hätten keine Zeit, um sich an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen, sagte Rainer Dulger, Präsident der Arbeitgeber im Land. Stefan Wolf, Vorsitzender von Südwestmetall, warf Verkehrsminister Winfried Hermann und OB Kuhn Versäumnisse vor. Sie hätten „sechs beziehungsweise vier Jahre Gelegenheit gehabt, weit weniger gravierende Maßnahmen in die Wege zu leiten“.

Umweltbündnis: Verbote rechtswidrig

Handelsverband und City-Initiative lehnen in ihren Stellungnahmen Fahrverbote ab. Geschäftsschließungen und Leerstände würden ansonsten die Folge sein.

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) und das Klima- und Umweltbündnis Stuttgart halten die Verbotspläne für rechtlich nicht durchsetzbar, außerdem würden Grenzwerte dennoch nicht eingehalten. Sie fordern Pförtnerampeln, um den Autozufluss zu regen, und Straßenrückbau.