Der Genossenschaftsvorstand greift in seinem Magazin das Stadtoberhaupt an und kritisiert die Maßnahmen zur Bekämpfung der hohen Schadstoffwerte. Vertreter anderer Taxi-Verbände entschuldigen sich dafür.

Stuttgart - Die Stuttgarter Taxi-Auto-Zentrale (Taz) hat in ihren neuesten Nachrichten OB Fritz Kuhn (Grüne) angegriffen und ihm ein schlechtes Zeugnis nach der Hälfte seiner ersten Amtszeit ausgestellt. „Versetzung gefährdet“, heißt es in einem namentlich nicht gekennzeichneten Beitrag der Genossenschaft mit rund 700 Mitgliedern. Das Gerücht, der bei der Taxi-Zentrale gern gesehene Bernd Klingler habe die Feder geführt, wies der AfD-Stadtrat zurück. Es entspreche seinem Verständnis von Bürgernähe, sich auch um diese Organisation zu kümmern. Die Taz teilte mit, der Text sei in einer Sitzung von Vorstand, redaktionellen Bearbeitern und juristischem Berater entstanden.

 

Das Fazit in diesem Magazin, vor allem im Hinblick auf die Verkehrspolitik, wird als „so traurig wie ernüchternd“ bezeichnet, Lösungen seien nicht in Sicht. Kuhn selbst gab zu der Bewertung keinen Kommentar ab. Der Vorstand der Taxi-Zentrale hatte 2016 den Grünen gedroht, sie unter anderem wegen einer stauproduzierenden Politik ihren Mitgliedern nicht zur Landtagswahl empfehlen zu wollen.

Kritik kommt im Rathaus nicht gut an

An den entscheidenden Stellen im Rathaus löste das Schreiben Kopfschütteln aus. Die Notwendigkeit, nach nahezu wirkungslos gebliebenen Feinstaubalarmen Sanktionen wie Fahrverbote zu erörtern, wird dort bekanntlich mit drohenden Geldstrafen und dem Druck der Gerichte begründet. Das Vorgehen wird zudem als taktisch ungeschickt angesehen, vor allem, weil im selben Heft ein Antrag an die Stadt auf eine neuerliche Anhebung der Taxitarife abgedruckt ist, der selbst in der Branche kontrovers beurteilt wird.

Kritik kommt prompt von Kollegen des Taz-Vorstandsvorsitzenden Murat Arslan: Sowohl der Stuttgarter Taxiverband (STV) als auch der Taxi-Verband Baden-Württemberg (TV-BW) sahen sich „in Vertretung von über 70 Prozent der Taxiunternehmer“ in einem Schreiben an Kuhn und den grünen Verkehrsminister Winfried Hermann zu einer „rigorosen Distanzierung“ gezwungen. Die Verfasser sind sich dagegen keiner Schuld bewusst: Es müsse in einem Rechtsstaat möglich sein, trotz gewisser Abhängigkeiten vom Wohlwollen politisch Verantwortlicher, „in angemessener Form und ohne beleidigenden Inhalt Kritik zu äußern“.

Taxiverbände kritisieren die Genossenschaft

Die Vorstände Georg Natsiopoulos (STV) und Darush Bozorgmehr (TV-BW) sprechen der Zentrale die Befugnis ab, sich auf diese Art in die Gewerbepolitik einzumischen. Deren Aufgabe liege in der Führung der Genossenschaft, der Vermittlung von Aufträgen und im Bemühen, die Servicequalität der Anbieter zu optimieren. Die Verbände hätten seit der Demonstration auf dem Marktplatz 2014 konstruktiv mit der Verwaltung zusammengearbeitet. Die Genossenschaftsvertreter sollten besser dafür sorgen, dass die Mitglieder nicht vier Fünftel der Zeit in stehenden Fahrzeugen sitzen müssten, anstatt das Klima zwischen den Taxlern und der Stadt zu verschlechtern.

Funktionäre der Zentrale und den diversen Verbänden liegen in Stuttgart seit vielen Jahren über Kreuz, auch deshalb, weil Vertreter unterschiedlicher Ethnien aufeinandertreffen. Hinter vorgehaltener Hand werden Betrugsvorwürfe geäußert, wird Filz und Vetternwirtschaft unterstellt.

Taxizentrale-Vorstand sieht Mitglieder hinter sich

Murat Arslan weist den Vorwurf der Nichtzuständigkeit zurück. Man sei sehr wohl zur gewerbepolitischen Vertretung der Mitglieder legitimiert. Diese unterstützten den Artikel auch „mit großer Mehrheit“. Die kritische Konkurrenz wird zudem als unbedeutend eingestuft. Sie habe nur wenige Getreue und betreibe seit einem Wechsel im Vorstand der Taxi-Zentrale 2013 „Fundamentalopposition“.

Im „Halbzeitzeugnis“ für Kuhn hat der Vorstand der Taxi-Zentrale „gern den Finger in die Wunde“ gelegt. Vielleicht helfe „dieser Schmerz ja dabei, einige Dinge wieder in die richtige Richtung zu lenken“. Dem OB wird vorgeworfen, in Bürgerbeteiligungsprozessen nicht zuzuhören und mit der Taxibranche zu wenig zu reden, etwa bei der Entwicklung von Halteständen. Es werden aber auch die Flyeraktion gegen Zwangsprostitution und der lange Zeitraum zwischen Schließung und Wiedereröffnung des Fernsehturms moniert.

Kritik an möglichen Fahrverboten

Unzufrieden ist der Taxi-Zentrale-Vorstand aber in erster Linie mit den geplanten Maßnahmen der Verwaltung, den hohen Schadstoffwerten in der Innenstadt beizukommen. Die Argumentation deckt sich mit der von CDU, FDP, Freien Wählern und der AfD, die weniger den Feinstaub, sondern den Feinstaubalarm als Problem betrachten, Fahrverbote und Tempolimits ablehnen. Es sei naheliegend, dass man eher Parteien nahestehe, „die Mobilität im Pkw nicht grundsätzlich infrage stellen“. Für Arslan ist die Rathauspolitik „ideologischer Selbstzweck“; kritisiert wird der Bau von Radwegen entlang von Hauptstraßen und die „Blitzer“ auf der Cannstatter Straße (B 14). Es fehle auch die Bereitschaft, über ein Konzept zur E-Mobilität zu diskutieren. Dass in dem umstrittenen Artikel die Bereitschaft Fritz Kuhns, im Haushalt eine Förderung von 192 000 Euro für einen Umstieg von Diesel- auf Batterie-Autos bereitzustellen, unerwähnt blieb, begründet der Vorstand mit dem Fehlen „merklicher Effekte“. Ein emissionsfreier Taxiverkehr in Stuttgart koste rund 30 Millionen Euro. Dabei hatte der OB für den Zuschuss heftige Kritik von Stadträten einstecken müssen, die eine Unterstützung der Privatunternehmer für entbehrlich erachten.

Den Vorwurf, mit der beantragten Gebührenerhöhung zu überziehen, weist der Taz-Vorstand zurück. Der Antrag sei „im Interesse des Gewerbes sehr wohl überlegt“. Die derzeitigen Tarife seien nicht kostendeckend und hielten einem bundes- und landesweiten Vergleich nicht stand. Verwiesen wird auf den gestiegenen Mindestlohn, der sich auch bei Reparaturen und Wartungen der Fahrzeuge auswirke, sowie gestiegene Treibstoffpreise. Nötig seien höhere Preise, um die „Dienstleistungsqualität nachhaltig zu sichern“. So bedürfe es hoher Investitionen, um die steigende Zahl mobilitätseingeschränkter Personen zu transportieren.