Ein Anwohner in Stammheim ist verärgert über DHL, weil er zuhause auf den Paketboten gewartet hat, der dann aber bei ihm nicht geklingelt habe. Stattdessen lag nur ein Abholschein im Briefkasten. Der Postbote schildert die Sache anders.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Stammheim - Wenn der Postmann gar nicht klingelt, ist der Unmut groß. Besonders bei Wolfgang T. aus der Wigandstraße. Seinen vollen Namen möchte er lieber nicht in der Zeitung lesen, sagt er: „Sonst bekomme ich meine Pakete künftig vielleicht gar nicht mehr geliefert.“ Immer mal wieder habe er in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit Paketboten gemacht. Sein Vorwurf: „Statt zu klingeln und das Päckchen persönlich bei mir abzugeben, wird aus Zeitspargründen einfach nur ein Abholkärtchen in den Briefkasten geworfen“, sagt Wolfgang T. „Das geht für den Postboten schneller, besonders, wenn es sich um Nachnahmelieferungen handelt, bei denen man kassieren und Quittungen ausstellen muss.“ Sein jüngstes Erlebnis ist eine gute Woche her. Morgens um 8 Uhr habe noch der Kaminfeger bei ihm geklingelt. „Zu diesem Zeitpunkt funktionierte meine Klingel“. Um 9.10 Uhr klingelte eine Bekannte bei ihm, die bis abends blieb. „Wir sind beide nicht schwerhörig und saßen etwa vier Meter von der Klingel entfernt, bei offener Zimmertür“, sagt Wolfgang T. „Ich sah zufällig um 13.30 Uhr aus dem Fenster und sah das DHL-Auto an meinem Haus vorbeifahren.“ Sofort sei er zum Briefkasten gegangen und fand prompt eine Benachrichtigungskarte im Kasten. „Das DHL-Auto sah ich 50 Meter weiter geparkt. Ich ging dort hin und wartete beim Auto etliche Minuten, bis der Fahrer kam.“ Dem Zusteller zeigte der Stammheimer die Benachrichtigungskarte und fragte ihn, warum er nicht geklingelt habe. „Der Fahrer antwortete mir ganz cool, er habe geklingelt“, schildert T. die Situation: „Ich hielt dem entgegen: ,Ich habe einen unabhängigen Zeugen bei mir in der Wohnung sitzen, wir haben beide nichts gehört. Ich möchte jetzt mein Paket haben‘ und zeigte dem Fahrer meine Benachrichtigungskarte.“ Wortlos habe der nur den Zündschlüssel ins Schloss gesteckt und auf eine weitere Aufforderung, das Paket abzugeben, gesagt: „Nein, das gebe ich Ihnen nicht, Sie sind unfreundlich.“ Dann habe er den Motor gestartet, die Tür zugezogen und sei abgedampft, samt Päckchen. Zu Hause angekommen, überprüfte T. seine Klingel erneut, diese funktionierte einwandfrei. „Der DHL-Zusteller war spät dran und wollte die Zeit für das Inkasso einsparen“, vermutet T. „Nur die Karte reinzuwerfen, geht schneller als Geld kassieren.“ Er sei mit dieser Erfahrung nicht allein, sagt T. Auch bei Nachbarn würde nicht immer geklingelt. „Auch im Internet finden sich unzählige Beschwerden über DHL.“

 

Dem 68-Jährigen sei im besagten Fall nichts anderes übrig geblieben, als am Tag darauf zur Poststelle am Marco-Polo-Weg zu gehen und dort sein Päckchen abzuholen. „Es wiegt 6,7 Kilo, das musste ich 600 Meter nach Hause schleppen.“ Bei der DHL beschwerte er sich daraufhin über das Verhalten des Fahrers.

„Zusteller arbeitet zuverlässig und hat korrekt gehandelt.“

DHL-Sprecher Gerold Beck erklärt auf Nachfrage unserer Zeitung: „Wir bedauern den Vorfall und haben uns mit dem Zusteller in Verbindung gesetzt“ Der Zusteller kenne den Kunden und könne sich gut an den Vorfall erinnern. „Unser Zusteller wurde von seinem Vorgesetzten dazu befragt und sagt, dass er dreimal geklingelt hat und anschließend eine Benachrichtigungskarte eingeworfen habe.“ Anschließend sei er mit dem Paket wieder zum Auto zurück. Der Kunde sei zum Auto gelaufen, habe die Fahrzeugtür aufgerissen und sofort in „nicht sehr höflichem, lautem Tonfall“ nach dem Paket verlangt. Da der Kunde kein Geld bei sich hatte, sei ihm die Nachnahmesendung nicht ausgehändigt worden, sondern, wie in der Benachrichtigung beschrieben, in der Postfiliale zur Abholung hinterlegt. Becks Fazit: „Unser Zusteller arbeitet zuverlässig, ist glaubwürdig und hat in diesem Fall korrekt gehandelt.“ DHL und auch die Zusteller hätten großes Interesse, jede Sendung bereits beim ersten Zustellversuch zu übergeben. „Denn eine Benachrichtigung führt – abgesehen von dem Ärger und Aufwand des Empfängers – zu weiteren Arbeiten und gegebenenfalls auch zu Nachfragen durch den Vorgesetzten.“ Weil es sich dabei auch um ein Qualitätsmerkmal handle, werde natürlich erfasst, wie häufig die Zusteller bereits beim ersten Zustellversuch die Empfänger antreffen. „Dies ist im Durchschnitt bei 95 Prozent aller Sendungen der Fall“, sagt Beck. Der Wert schwanke nach Wochentag und städtebaulicher Situation.

Paket statt an die eigene Adresse zum Wunschnachbar

Generell könnten Kunden ihre Pakete auch zu einem Wunschnachbarn, zu Filialen, Paketshops und Packstationen liefern lassen. In der Adventszeit gehe das noch bis zum 22. Dezember um 18 Uhr, in Postbankfilialen bis 23. Dezember, 10 Uhr. Das seien „späteste“ Einlieferungsmöglichkeiten. Gerold Beck: „DHL nimmt aber auch gerne früher Sendungen an.“

Wolfgang T. zieht aus der Erfahrung seine eigenen Lehren: „Ich werde in der Zeit vor Weihnachten sicher darauf verzichten, mir weitere Päckchen schicken zu lassen.“