Manche Stuttgarter Stadtteile trifft das Aus für die insgesamt 25 Filialen von Schlecker schwer. Ob die Flächen wieder vermietet werden können, ist unklar.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Der Schriftzug über den Eingängen hängt noch, und auch die Regale stehen bis heute in den 25 geschlossenen Stuttgarter Schlecker-Filialen. Verkauft wird hier seit dem 24. März hier nichts mehr, aber zumindest im April sind die Mietzahlungen noch eingegangen. Die Eigentümer sind natürlich schon auf der Suche nach neuen Mietern für die Flächen – schließlich droht Leerstand.

 

Als „Herausforderung“ sieht die Geschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg, Sabine Hagmann, die Vermarktung der Flächen an. Zwar habe Stuttgart insgesamt im Städtevergleich kein Problem mit Leerstand, die Standorte der Schlecker-Filialen seien aber fast alle in schlechten Lagen. „Es wird deshalb da und dort Leerstände geben“, prognostiziert Hagmann. Auch der im Rathaus angestellte Stadtteilmanager Torsten von Appen bezeichnet die Aufgabe, neue Mieter zu finden, als „schwierig“. Die Flächen seien nicht nur fast alle sehr klein, sondern in der Regel auch von den Eigentümern seit vielen Jahren nicht modernisiert und instand gehalten worden. „Wenn schon Schlecker nicht funktioniert hat, welchen Betreiber soll man finden“, fragt Torsten von Appen.

Wie sehr es sich lohne zu investieren, könne man am Beispiel des innerstädtischen Tübinger Carré sehen. Jahrelang ein Sorgenkind, sei es nun voll vermietet, sagt von Appen. Was die Schlecker-Filialen angeht, seien die Immobilienbesitzer selbst gefordert. Der Stadtteilmanager wird erst dann aktiv, wenn ihn die Eigentümer um Hilfe bitten. Das sei aktuell bei sechs Filialen der Fall: in Rohracker, Bad Cannstatt, Zuffenhausen, im Westen, in Mitte und in Plieningen. Für die Filialen in Rohracker, Bad Cannstatt und Zuffenhausen gebe es Interessenten. In Rohracker beispielsweise habe sich ein Lebensmittelhändler gemeldet. Aber auch der würde es schwer haben, sollten die Bürger aus Rohracker dort nicht einkaufen gehen. „Letztlich entscheidet es der Bürger selbst, ob die Nahversorgung gestärkt wird oder nicht“, sagt von Appen.

Je nach Filialstandort sei die Situation schwierig

Von Filialstandort zu Filialstandort sei die Situation in Stuttgart unterschiedlich. Gar kein Problem werde die Vermietung der Fläche am Bosch-Areal werden – aufgrund der Lage und dem modernen Zustand der Immobilie. Geradezu schwarz sieht von Appen, was die sehr kleine Filiale in der Urbanstraße angeht. Sehr schmal ist die Filiale in der Cannstatter Marktstraße. Dennoch werde sich da wegen der Lage wohl ein Nachmieter finden. Das sieht man auch beim Cannstatter Gewerbe- und Handelsverein so. „Das ist beste Lage, das wird nicht leer bleiben, sagt Dirk Strohm, der Vorsitzende der Fachgruppe Handel.

Nicht so optimistisch ist man dagegen in einigen Außenbezirken. Vor allem in Birkach reißt die Schließung der Schlecker-Filiale eine Lücke, aber auch für die Fläche in Plieningen sei es schwer, einen neuen Mieter zu finden, so der Bezirksvorsteher von Plieningen-Birkach, Edgar Hemmerich. Für den Laden in Plieningen finde sich möglicherweise ein Telefonanbieter, hofft Hemmerich. „Dramatischer“ sehe die Lage in Birkach aus. Schon jetzt habe der Einzelhandel dort Probleme. Aus dem Stadtteil Schönberg führen die Bürger fast alle nach Degerloch zum Einkaufen. „Der Schleckermarkt reißt in Birkach ein größeres Loch, weil von vornherein nicht viel da gewesen ist“, sagt Hemmerich.

Der Bezirksvorsteher von Möhringen, Jürgen Lohmann, hat eigentlich keine Probleme mit dem Branchenmix oder mit Leerständen in seinem Bezirk. Aber die Schlecker-Dependance in der Widmaierstraße liegt mitten in einem Wohngebiet. Er hoffe, dass sich dort ein Nachmieter finden lasse, so Lohmann.

Auch in Zuffenhausen machen sich die Händler Sorgen

Sorgen machen sich auch Händler in Zuffenhausen um die Attraktivität ihrer Einkaufsstraße. Die jahrelange Stadtbahnbaustelle in der Unterländer Straße hat dem Handel zugesetzt. „Es ist unheimlich schwer, die Kunden zurückzugewinnen“, sagt die Vorsitzende des Gewerbe- und Handelsvereins Einkaufsziel Zuffenhausen, Christine Knorst. Wegen der Baustelle hätten schon im Vorfeld viele Läden zugemacht, stattdessen seien zum Teil Handyshops und Spielhallen eingezogen. Sechs Geschäfte stünden aktuell leer, zwei davon seien ehemalige Schlecker-Filialen. Eine wurde aktuell geschlossen, eine bereits vor einem Jahr. „Wir hoffen, dass wir wieder mehr Vielfalt bekommen“, sagt Knorst. Der Stadtteilmanager von Appen ist hier optimistisch: für die Unterländer Straße gebe es viele Interessenten – auch für mindestens eine der Schlecker-Filialen.

Klar ist: je länger ein Geschäft leer steht, desto schwieriger ist es, dieses zu vermieten. Beispiele hierfür finden sich an verschiedenen Stellen in der Stadt. Seit mehr als einem Jahr bereits gibt es beispielsweise am Kreisel an der Olgastraße keinen Nachmieter für die Videothek Vidirent. Durch die Schließung der Schlecker-Filiale in der Heusteigstraße würden dann in dieser Gegend bereits vier, teils große Läden leer stehen, so die Sorge der Bezirksvorsteherin von Mitte, Veronika Kienzle. Sie befürchtet, dass auch in diesem Fall Wettbüros oder Spielhallen in die leeren Läden einziehen, die hohe Mieten zu bezahlen bereit sind. „Leerstand haben wir sehr viel, leider gibt es nur wenige Eigentümer, die bereit sind, über eine sinnvolle kulturelle Zwischennutzung zu verhandeln“, beklagt Kienzle. Sie würde es begrüßen, wenn Künstler als Interimslösung in die leeren Läden ziehen könnten.

Der Stadtteilmanager betont, dass er den Eigentümern von Ladenimmobilien solche Vorschläge unterbreite. Auch der Kontakt zu Künstlern der Kunstakademie stehe. Allerdings sei es in der Regel schwer, Hausbesitzer zu überzeugen – obwohl die Vorteile auf der Hand lägen. „Es ist viel besser, eine belebte Fläche zu vermarkten“, sagt von Appen. Immerhin: in Freiberg hat die Vermittlung im vergangenen Jahr in zwei Fällen geklappt.