So harmlos, wie Schlecker es darstellen will, wird die Insolvenz des Ehinger Unternehmens nicht, sagt ein Experte. Der Schlecker-Inhaber wird wohl entmachtet werden.

Stuttgart - Das Amtsgericht Ulm hat den Wirtschaftsprüfer Arndt Geiwitz aus Neu-Ulm zum Insolvenzverwalter bestellt. „Ich bin zuversichtlich, dass die uneingeschränkte Betriebsfortführung kurzfristig sichergestellt werden kann“, sagte er in einer ersten Einschätzung. Die Gespräche mit den Lieferanten sollen bereits am Dienstag beginnen. Weiter wollte sich Geiwitz auf Anfrage nicht äußern. Ungeachtet dessen zeichnet sich ab, dass Anton Schlecker in Zukunft wohl keinen Einfluss mehr auf die Geschehnisse im Unternehmen haben wird. Zu dem Schluss kommt ein namhafter Insolvenzexperte, der nicht genannt werden will, im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung.

 

Die wenigen erfolgreichen Insolvenzverwalter in Deutschland äußern sich ungern namentlich in der Öffentlichkeit über Fälle, mit denen sie nicht selbst betraut sind. Sie wollen sich keine Einmischung nachsagen lassen. Dennoch ist die Einschätzung des Experten von großer Bedeutung, widerspricht sie doch dem vom Unternehmen vermittelten Eindruck, die bisherige Geschäftsführung behalte auch in Zukunft das Sagen.

Verharmlosende Begriffe

So agiert das Unternehmen bevorzugt mit dem Begriff „Planinsolvenzverfahren“, wohl um den Eindruck zu erwecken, man behalte die Zügel in der Hand. „Dem ist aber nicht so“, entgegnet der Insolvenzexperte. „Letztlich ist jede Insolvenz eine Planinsolvenz, weil bei jedem Verfahren immer ein Sanierungsplan eingereicht werden kann.“ Der Begriff diene der Verschleierung und Abmilderung und sei ein Euphemismus. Dennoch beobachtet der Fachmann, dass Pleitekandidaten gerne auf diese verharmlosende Begrifflichkeit ausweichen, um die Unruhe zu vermeiden.

Schlecker informierte seine Filialmitarbeiter am vergangenen Freitag in einem Schreiben unter anderem mit folgendem Satz: „Die Geschäftsführung bleibt im Amt, und der Insolvenzverwalter wird begleitend tätig.“ Ob dem tatsächlich aber so sein wird, konnte das Unternehmen weder am Freitag noch gestern wissen. Hängt dies doch maßgeblich vom Insolvenzverwalter und den Gläubigern ab. Zudem hängt es laut Experte davon ab, ob Schlecker überhaupt ein Verfahren in Eigenverwaltung beantragt hat. „Und das hat Schlecker nach meinem Kenntnisstand gar nicht“, sagt der erfahrene Insolvenzverwalter.

Keine Rede von Eigenverwaltung

In der Tat steht in den offiziellen Schlecker-Mitteilungen nichts von einem Verfahren in Eigenverwaltung. Stattdessen wird im Schreiben an die Mitarbeiter der Eindruck erweckt, schon ein Planinsolvenzverfahren gewährleiste, dass die Geschäftsführung an der Macht bleibt. Auch in der offiziellen Mitteilung des Unternehmens vom Montag heißt es nur, dass Schlecker ein „Planinsolvenzverfahren anstrebe“. Von einer Eigenverwaltung hingegen ist keine Rede. Diese dürfte für Schlecker auch nur schwer erreichbar sein, weil weder Insolvenzverwalter noch Gläubiger mit solch einer Lösung einverstanden sein dürften. „Schließlich macht ein Verfahren in Eigenverwaltung nur dann Sinn, wenn der Inhaber nicht Teil des Problems ist“, sagt der Experte. Im Falle des defizitären Ehinger Unternehmens sei es aber eindeutig, dass Anton Schlecker für die Außendarstellung der Ladenkette bereits seit Jahren eine belastende Hypothek sei. Warum das Unternehmen mit dem Begriff „Planungsinsolvenz“ arbeitet und was das Unternehmen nun tatsächlich anstrebt, war nicht zu erfahren. Der Unternehmenssprecher sah sich zu keiner Stellungnahme in der Lage.

Das Amtsgericht Ulm hat den für das Verfahren bestellten Wirtschaftsprüfer Arndt Geiwitz aus Neu-Ulm als einen „sehr guten Insolvenzverwalter“ bezeichnet, der schon viele Verfahren betreut habe, sagte der zuständige Richter Benjamin Webel. Seine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Schneider, Geiwitz & Partner verwaltet auch die Insolvenz des Druckmaschinenherstellers Manroland. Geiwitz werde jetzt prüfen, „was an Schulden und Aktiva da ist“. Anschließend werde er dem Gericht berichten. Dann erst steht er der Öffentlichkeit Rede und Antwort.