Jetzt hat das Gericht bestätigt, was unsere Zeitung bereits gemeldet hat: Anton Schlecker muss vor Gericht. Im März 2017 beginnt das Verfahren, das sich nach erster Planung bis in den Herbst ziehen wird.

Stuttgart - Die Mitteilung des Landgerichts Stuttgart (LG) am Freitagvormittag ist knapp. In fünf Zeilen teilt das Gericht mit, dass die 11. Große Wirtschaftsstrafkammer die Anklage der Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen Anton Schlecker, gegen seine Ehefrau Christa, gegen die beiden Kinder Lars und Meike und gegen zwei Wirtschaftsprüfer „jeweils in vollem Umfang“ zugelassen hat. Erheblich länger ist die Liste der Verhandlungstermine. Von Prozessauftakt am 6. März 2017 bis zum geplanten vorläufigen Ende am 9. Oktober hat das Gericht 26 Verhandlungstage angesetzt.

 

Es bedarf nicht viel Fantasie sich vorzustellen, dass im Gerichtssaal Gedränge herrschen wird. Schließlich haben im Zuge der Insolvenz der Drogeriemarktkette 25 000 Menschen, überwiegend Frauen, ihren Job verloren. Für sie war es ein Schock, als Europas ehemals größte Drogeriemarktkette im Januar 2012 Insolvenz anmeldete. In Erinnerung ist noch gut die Verzweiflung und Mutlosigkeit der Mitarbeiter in den Monaten danach. Fünf Jahre später kommt der Firmenpatriarch vor Gericht. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass der Schlecker-Prozess eines der umfangreichsten Wirtschaftsstrafverfahren im nächsten Jahr wird. Die Anklageschrift umfasst insgesamt 270 Seiten. 204 Leitz-Ordner Ermittlungsakten und über 150 Kartons mit Beweismitteln haben die Staatsanwälte zusammengetragen. Nach derzeitiger Planung der Kammer sind Zeugen und Sachverständige bis 11. August geladen. Vier Sachverständige werden vernommen, unter anderem zu einem Gutachten zur drohenden Zahlungsunfähigkeit.

Anton Schlecker ist der Hauptangeschuldigte

Für die Staatsanwaltschaft ist Anton Schlecker (72) der Hauptangeschuldigte. Sie klagt ihn wegen einer ganzen Reihe von Straftatbeständen an. Am schwersten wiegt der Vorwurf des vorsätzlichen Bankrotts in besonders schwerem Fall – und das in mehreren Fällen. Darauf steht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft ist der Schlecker-Konzern ab dem Jahr 2000 in eine „strategische Krise“ geraten, die durch stagnierende Umsätze und rückläufige Ergebnisse gekennzeichnet war. In Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit seines Unternehmens soll Schlecker in 36 Fällen Vermögenswerte beiseitegeschafft und dem Zugriff der Gläubiger entzogen haben. Darüber hinaus soll Schlecker für die Jahre 2009 und 2010 die Verhältnisse seines Unternehmens beziehungsweise die Verhältnisse im Konzern unrichtig wiedergegeben und eine falsche Versicherung an Eides statt abgegeben haben.

Seiner Frau Christa Schlecker wird Beihilfe zum Bankrott in zwei Fällen vorgeworfen. Das Gesetz sieht hier Geldstrafe oder bis zu 3,75 Jahren Freiheitsstrafe vor. Auch die beiden Kinder, Lars (45) und Meike (43) Schlecker, stehen wegen diverser Vergehen im Zusammenhang mit der Insolvenz vor Gericht. Der schwerste Tatvorwurf lautet hier gemeinschaftliche Untreue in besonders schwerem Fall in Tateinheit mit vorsätzlichem Bankrott in besonders schwerem Fall. Beiden werden auch Insolvenzverschleppung und weitere Bankrottdelikte zur Last gelegt.

Die Eheleute Schlecker haben sich erfahrene Strafverteidiger an die Seite geholt

Die beiden angeklagten Wirtschaftsprüfer waren mit der Prüfung der Jahresabschlüsse 2009 und 2010 beauftragt. Ihnen wird jeweils in zwei Fällen eine Verletzung der Berichtspflicht vorgeworfen, das heißt, sie sollen die falsche Bilanzierung von Anton Schlecker zwar erkannt, aber keine Einwände erhoben, sondern attestiert haben, dass die Jahresabschlüsse den gesetzlichen Vorgaben entsprachen. Den beiden Wirtschaftspürfern droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.

Auch wenn Meike Schlecker seinerzeit Ende Januar 2012 bei der Bekanntgabe der Insolvenz in die Mikrofone sagte, „es ist nichts mehr da“, haben die Eheleute Schlecker sich für den Prozess erfahrene Strafverteidiger an die Seite geholt. So hat Anton Schleckers Verteidiger Norbert Scharf unter anderem auch den ehemaligen Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer verteidigt sowie den ehemaligen Chefbanker Christopher Freiherr von Oppenheim. Auch Klaus Volk, der Christa Schlecker vertritt, war Verteidiger von Freiherr von Oppenheim.