Die Auffanggesellschaft war ein Prestigeobjekt von Wirtschaftsminister Nils Schmid. Nun steht der Sozialdemokrat vor einem Scherbenhaufen.

Stuttgart - Nur in einem waren sich die Politiker einig: im Bedauern um die ihren Job verlierenden Schlecker-Beschäftigten. Für sie sei es „ein bitterer Tag“, stellte der baden-württembergische Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD) fest. Seine Kollegin Katrin Altpeter, die das Sozialressort leitet, ist „fassungslos“. Weil „es uns nicht egal sein kann, was mit den Beschäftigten von Schlecker geschieht“, so CDU-Fraktionschef Peter Hauk, habe seine Riege heftig mit sich gerungen – und den Kampf um die Auffanggesellschaft mitgekämpft.

 

Doch mit der Kündigung in der Hand werden die Betroffenen mit solchem Bedauern nichts anfangen. Eher wird ihnen in Erinnerung bleiben, wie die gescheiterten Politiker einander die Schuld daran zuschoben, dass Hoffnungen nicht erfüllt wurden. Für den Wirtschaftsminister ist der Fall klar: Er ist „empört darüber, dass nicht das Schicksal der Betroffenen“ den Ausschlag gegeben habe, „sondern das politische Kalkül einer kleinen Partei“. Die FDP habe sich auf Kosten der Schlecker-Frauen wirtschaftsliberal profiliert.

Die bayrische FDP besiegelt das Aus

Den Letzten beißen dabei die Hunde: Zwar kam das vorentscheidende Nein zu der von allen Bundesländern zu tragenden Bürgschaft von FDP-Wirtschaftsministern aus Sachsen und Niedersachsen. Besiegelt wurde der K. o. aber durch die Ablehnung durch den bayerischen FDP-Wirtschaftsminister am Donnerstagvormittag, die vom größeren Koalitionspartner CSU nicht mehr einzufangen war.

Für den liberalen Fraktionschef im Stuttgarter Landtag Hans-Ulrich Rülke ist hingegen klar: „Die Beschimpfungen der FDP sollen vom eigenen Versagen ablenken.“ Die Haltung seiner Fraktion sei lange bekannt gewesen. Es könne nicht sein, dass zu einem Unternehmen der Minister komme, zum anderen der Gerichtsvollzieher. Zudem habe er aus dem Gutachten der Wirtschaftsprüfer herausgelesen, dass „es alles andere als sicher ist, dass der Steuerzahler sein Geld wiedersieht“. Schließlich sei der Arbeitsmarkt im Land derzeit so, „dass hinreichende Chancen bestehen, die Schlecker-Beschäftigten zu vermitteln“. Die Auffanggesellschaft sei also „nicht zwingend nötig“.

Qualifizierung durch Auffanggesellschaft

Das sieht eigentlich auch die Union so. Doch, so hört man aus ihren Reihen, sei der Auftritt der Vertreter der Bundesagentur für Arbeit im Wirtschaftsausschuss „sehr hilfreich“ gewesen. Könnten sie eine Qualifizierung durchlaufen, hätten die Betroffenen am Arbeitsmarkt bessere Chancen als allein mit Instrumenten der Arbeitsagentur, so die Botschaft.

Darum legte sich auch die CDU ins Zeug, um die Bürgschaft hinzubekommen – das konstatieren selbst Sozialdemokraten und Grüne. Nach CDU-Darstellung tat sie das so sehr, dass erst ihr Vorschlag mehrheitsfähig gewesen sei. „Der Minister hat die schnelle Schlagzeile gesucht“, so Fraktionschef Hauk. So habe Schmid Hoffnungen geweckt, die nicht zu erfüllen gewesen seien. „Wer bei der ersten Herausforderung so scheitert, muss sich fragen lassen, ob er seiner Aufgabe gewachsen ist“, stellte Hauk fest. Schmid habe dilettiert. „Aus unseren Kontakten nach Bayern und Niedersachsen wissen wir“, sagte er, „dass nicht transparent informiert wurde.“ Jetzt der FDP die alleinige Schuld zuzuschieben sei vermessen.

Zu spät mit der Überzeugungsarbeit begonnen

Die Kritik zielt darauf, dass früh absehbar gewesen sei, dass die FDP den Plan nicht mittrage. Schmid habe aber selbst dann noch keine Alternative gehabt, als sich schon abzeichnete, dass er nicht alle 16 Bundesländer überzeugen werde. Das sieht man in Koalitionskreisen anders. Erst am Mittwochnachmittag sei das klar gewesen. Etwa als Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) damit gescheitert sei, seinen niedersächsischen Kollegen David McAllister (CDU) einzufangen.

Viel zu spät sei mit solcher Überzeugungsarbeit begonnen worden, sagen Unionsleute. Auf sie sei der Wirtschaftsminister erst gar nicht zugekommen. Dabei „haben wir ja auch Verbindungen in andere Länder“, sagen sie. Hätte man in konzertierter Aktion mehr erreicht? Immerhin: auch in Hessen oder Schleswig-Holstein regiert die FDP mit. Diese beiden Länder waren aber offenbar mit im Boot.

Ein Kommentar zu den gescheiterten Schlecker-Transfergesellschaften.