Die Gegner bezweifelten am Freitag auch, dass es der Stadt mit einer Bürgerbeteiligung, die ihren Namen verdient, ernst ist. SÖS-Stadtrat Hannes Rockenbauch verwies auf das Prozedere für das heute von Bürobauten geprägte Güterbahnhofsgelände (A 1) aus dem Jahr 1997. "Da sieht man, was von den Vorschlägen der Bürger übrig geblieben ist." Der Schlichter Heiner Geißler empfahl der Stadt ein Verfahren nach Schweizer Muster: "Die formulieren erst einmal ihre Ziele. Darüber können die Bürger abstimmen, dann werden die Pläne gemacht und es wird erneut darüber befunden. Erst danach wird das Projekt realisiert." Man laufe dann nicht Gefahr, dass im Talkessel ein "Klein-Manhatten" entstehe. Aus Sicht der Deutschen Bahn werden die beim Bau des Tiefbahnhofs sowie der ICE-Trasse nach Ulm notwendigen Eingriffe in die Natur mehr als ausreichend ausgeglichen.

Zudem plane man so, dass möglichst wenig Flächen verbraucht würden. Der Bahn-Rechtsberater Josef-Walter Kirchberg verwies auf die Prüfung der Umweltverträglichkeit, deren Ergebnisse das Eisenbahnbundesamt (Eba) abgesegnet habe. Für bedrohte Tierarten wie Fledermäuse und bestimmte Käfer habe die Bahn Vorsorge getroffen. So würden beim Bau der Neubautrasse "Fledermaustunnel" gegraben, um die Tiere nicht aus der Flugbahn zu bringen. Für den Juchtenkäfer und die blauflügelige Sandschrecke, eine Heuschreckenart, würden an anderer Stelle Lebensräume geschaffen. Der Fällung von 282 teilweise alten Bäume im Mittleren Schlosgarten stehe die geplante Neupflanzung von 291 Bäumen im gesamten Park gegenüber. Kirchberg wies darauf hin, dass der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) mit seiner Klage vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen die von der Bahn vorgelegte Ökobilanz gescheitert sei.

Wie sieht die Klimabilanz aus?


Auch bei der Klimabilanz stellte sich die Bahn ein gutes Zeugnis aus. Peter Westenberger vom Umweltzentrum des Konzerns berief sich auf eine Untersuchung für die Strecke Hannover-Würzburg, die elf Jahre nach Inbetriebnahme vorgenommen worden war. Er betonte, dass der für den Bau der Infrastruktur notwendige Energieaufwand geringer sei als der für den Betrieb einer Bahnstrecke. Er prognostizierte eine Reduzierung des klimaschädlichen Kohlendioxidausstoßes durch die Verlagerung von Straßenverkehr auf die Schiene von 177.000 Tonnen pro Jahr. Der Effekt steige zudem, weil erneuerbare Energien bei der Bahn eine immer größere Rolle spielten.

Joachim Nitsch vom Landesnaturschutzverband kam dagegen zum Schluss, dass das Bahnprojekt der Ökologie mehr schade als nutze. Ohne den bisher von der Bahn nicht erbrachten Nachweis des Energieverbrauches und der Emissionen bei Bau und Betrieb sei das Projekt nicht als ökologisch akzeptabel zu bezeichnen. Bisher lägen weder Daten vor, welche Mengen an Abraum und Erdaushub entstünden, zudem wisse niemand, wie und wohin diese transportiert würden. Falls positive ökologische Wirkungen einträten, erfolge dies – wenn überhaupt – wegen der hohen Belastung durch den Bau erst relativ spät, das sei bei K 21 anders. Das Bahnprojekt widerspreche dem Klimaschutzziel der Bundesregierung, so der Experte. Das Verkehrsministerium würde sich beim Schienenausbau gern auf die Knoten und Engpässe konzentrieren. Die Kosten dafür sollen elf Milliarden Euro beantragen: Geld, das wegen Stuttgart 21 nicht zur Verfügung stehe.

Für Gerhard Pfeifer vom BUND-Regionalverband zerstört Stuttgart 21 den wertvollsten Teil des Schlossgartens. Er verwies auf die ökologische Bedeutung der Gleisanlagen und Böschungen, die bei Stuttgart 21 entfernt würden. In dieser "Gleiswüste" lebten heute 683 Arten, viele davon seien in ihrem Bestand gefährdet. Bei K 21 bleibe ein Teil dieser Biotope erhalten.