Der Aufsichtsrat der Ludwigsburger Schlossfestspiele hat den künftigen Intendanten sehr viel früher bestimmt als die SPD ihren Kanzlerkandidaten, scherzte ein Stadtrat: Jochen Sandig tritt sein Amt erst im Oktober 2019 an. Kein Anlass für Thomas Wördehoff, schon jetzt in Nostalgie zu schwelgen.

Ludwigsburg - Der Aufsichtsrat der Ludwigsburger Schlossfestspiele hat den künftigen Intendanten sehr viel früher bestimmt als die SPD ihren Kanzlerkandidaten, scherzte ein Stadtrat: Jochen Sandig, der einstimmig gewählt wurde, tritt sein Amt erst im Oktober 2019 an (siehe auch Bericht im Feuilleton). Bis dahin wird Thomas Wördehoff die Geschäfte führen. Und der sagt: „Das sind noch drei Festivals, auf die ich mich freue. Es ist also noch nicht an der Zeit, in Nostalgie zu schwelgen.“

 

Wördehoff und Sandig kennen sich aus gemeinsamen Projekten. „Die Gremien haben mit Sandig eine sehr gute Wahl getroffen“, meint Wördehoff. „Wenn alle mithelfen, kann das eine sehr gute Fortsetzung meiner Arbeit werden.“ Dies Absicht hatten auch alle Beteiligten aus dem Aufsichtsrat der Schlossfestspiele sowie der designierte Intendant betont: Mit Sandig werde es keinen Bruch geben. Er selbst sprach von einem „Aufbruch statt einem Bruch“.

Auslastung als höchster Wert

Wenn der Neue sein Amt übernimmt, wird Wördehoff das Festival zehn Jahre geleitet haben. Nach so langer Zeit werde ein frischer Wind sowohl den Schlossfestspielen als auch für ihm persönlich sicher guttun, sagt Wördehoff: „Ich will ja hier auch nicht in Pension gehen.“ Festivals bräuchten immer wieder einmal eine Frischzellenkur. Der Übergang von ihm zu Sandig berge weniger Konfliktstoffe als der von seinem Vorgänger Wulf Konold zu ihm, glaubt Wördehoff und erinnert damit an seine ersten Jahre in Ludwigsburg.

Diese waren von turbulenten Debatten geprägt, weil ihm vor allem die Stadträte wiederholt vorwarfen, ein Programm für eine Elite zu machen. Vor seiner Verpflichtung in Ludwigsburg lautete die Vorgabe: Die Festspiele müssen sich von der Konkurrenz in Baden-Baden und anderswo abheben, und der Intendant müsse deren Profil schärfen. Zeitweise aber waren die Besucherzahlen und die Auslastung pro Vorstellung zum wichtigsten Kriterium bei der Beurteilung seiner Arbeit geworden.

Im Jahr 2012 wollten Oberbürgermeister Werner Spec und der ehemalige Kulturstaatssekretär Jürgen Walter mit Thomas Hengelbrock und Daniel Hope eine Doppelspitze in der Intendanz installieren. Was als Coup konzipiert war, scheiterte daran, dass die Künstler kurz nach Bekanntwerden dieser Personalia absagten. Daraufhin war der Vertrag mit dem fast schon geschassten Thomas Wördehoff verlängert worden.

Inzwischen hat man sich arrangiert: Wördehoff ist es gelungen, die Auslastung deutlich zu steigern und sich ein Stammpublikum zu erspielen. Damit ist auch die Kritik der Gremien an seiner Programmgestaltung wenn nicht verstummt so doch sehr viel leiser geworden.

Sandig muss in der Stadt präsent sein

Grünen-Stadtrat Michael Vierling freut sich darüber, dass Sandig von einem „Bürgerschloss“ gesprochen hat: „Die Kunst des Festivals muss nicht hermetisch sein.“ Es gehe vielmehr darum, etwas zu bieten, das die Menschen unmittelbar berührt. „Ich will damit aber nicht meine Enttäuschung über Herrn Wördehoff zum Ausdruck bringen“, sagt Vierling. „Ich freue mich auch auf die nächsten drei Jahre, in denen er noch Programm macht.“ Zehn Jahre seien eine gute Zeit, meint Claus-Dieter Meyer (CDU). „Es ist auch nicht so, dass wir Herrn Wördehoff den Stuhl vor die Tür stellen.“ Er habe die Festspiele weiterentwickelt, und Sandig werde das auf seine Art fortsetzen, glaubt Meyer. „Uns war wichtig, dass der neue Intendant auch Präsenz in der Stadt zeigen wird.“ Der in Berlin lebende Sandig hat versichert, sich eine Wohnung in Ludwigsburg zu nehmen. „Wir sind begeistert von Sandig“, sagt Dieter Juranek (SPD). Er habe viel Temperament und sei sicher „ein guter Kommunikator“.