Die Zuffenhäuser Bezirksbeiräte wehren sich dagegen, dass fünf Gebäude für Flüchtlinge im Landschaftsschutzgebiet auf der Schlotwiese erstellt werden sollen. Nun hat die Suche nach Alternativ-Standorten in Zuffenhausen begonnen.

Stuttgart-Zuffenhausen - Der Aufschrei aus Zuffenhausen ist deutlich zu hören. Bürger haben sich vor allem in den sozialen Medien zu Wort gemeldet, nachdem sie von den Plänen der Stadt erfahren haben, dass auf der Schlotwiese fünf Systembauten für rund 400 Flüchtlinge gebaut werden sollen. „Es reicht“, „Ich wandere aus“, „unfassbar“, „Ich bin sprachlos“, heißt es unter anderem auf der Facebook-Seite der Nord-Rundschau.

 

Während in der Vergangenheit die Standorte an der Zazenhäuser Straße, der Gottfried-Keller-Straße, der Stammheimer/Neckarsulmer Straße und der Schwieberdinger Straße eher ohne Widerstand aus der Bevölkerung zur Kenntnis genommen wurden, sieht es nun anders aus. Vor allem, dass die Unterkünfte ins Landschaftsschutzgebiet gebaut werden, stößt vielen Zuffenhäusern sauer auf. „Das bedeutet das Ende unseres traditionellen Naherholungsgebietes“, steht auf Zetteln, die an der Schlotwiese ausgehängt wurden. „Daher: Kommen Sie zahlreich zur Sitzung des Bezirksbeirates. Sagen Sie Ihre Meinung.“ Das lokale Gremium tagt am kommenden Dienstag, 26. Januar, ab 17 Uhr in der Zehntscheuer.

Die CDU als stärkste Fraktion im Bezirksbeirat bespricht sich am Montag, wie sie dann einen Tag später abstimmen wird. Aber schon jetzt ist klar, dass die Christdemokraten nicht begeistert sind. „Zuffenhausen übernimmt schon sehr viel soziale Verantwortung für die Gesamtstadt“, sagt Sprecher Hartmut Brauswetter. Das fange beim Verkehr an, gehe bei der Bioabfallvergärungsanlage weiter und ende bei Sozialwohnungen, Fürsorge- und Flüchtlingsunterkünften. „Zuffenhausen hat seine Schuldigkeit getan.“

Alternativ-Standorte gesucht

Britta Rempis ist sich schon sicher: „Ich werde den Standort ablehnen.“ Das Gelände eigne sich nicht für einen Standort für Flüchtlinge. Sie wolle ein Zeichen setzen, da sie sich von der Stadtverwaltung verschaukelt fühlt. Vor Monaten, als es um den Standort an der Zazenhäuser Straße ging, habe sie von der Stadt schon gehört, dass es keine Flächen in Zuffenhausen mehr gebe, auf denen Systembauten Platz fänden. „Und plötzlich werden ständig neue Gelände aus dem Hut gezaubert.“ Bei der SPD befände man sich hingegen noch in einer Zwickmühle, sagt Uwe Mammel. „Wir sind dafür, die Flüchtlinge anständig unterzubringen, aber der Platz ist nicht ideal. Wir besprechen uns intern aber erst am Donnerstag.“

Auch die Grünen gehen noch in Klausur. „Aber so viele Menschen auf der Schlotwiese aufzunehmen, geht nicht. Wir müssen das entzerren“, sagt Alexandra Kaulin. Karlheinz Schmid (FDP) hält überhaupt nichts von dem Standort: „Ich werde mich wehren.“ Die Stadtverwaltung solle doch am Standort der geplanten Bioabfallvergärungsanlage die Flüchtlingsunterkünfte bauen. Dieses Projekt habe jetzt erst einmal Priorität, das andere könne zurückgestellt werden.

Ohne Alternativen in Zuffenhausen zu benennen, wird aber wohl nichts am Standort Schlotwiese vorbeiführen. Das machte Erster Bürgermeister Michael Föll am Dienstag in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik sowie des Ausschusses für Wirtschaft und Wohnen noch einmal deutlich. Gleichzeitig versprach er allerdings, alle Vorschläge, die gemacht werden, ergebnisoffen prüfen zu lassen. „Wir sind in unsere Vorschläge nicht selbstverliebt“, sagt Föll. „Aber die Alternativen müssen von der Größe her geeignet, genehmigungsfähig und so verfügbar sein, dass sie Ende 2016 in Betrieb gehen können“, sagte Föll. „Wir wissen, dass die Schlotwiese nicht optimal ist. Aber wir haben die humanitäre und gesetzliche Pflicht, Flüchtlinge aufzunehmen.“ Weitere Standorte zu finden, sei enorm schwierig. Und eines sei klar: „Ein Standort mit Einschränkungen ist besser als keinen Standort zu haben und besser als Turnhallen zu nutzen.“ Welche Alternativen im Rahmen der aktuell vorgestellten Pläne zur Flüchtlingsunterbringung überhaupt geprüft wurden, möchte SPD-Bezirksbeirat Alexander Mak im Vorfeld der Sitzung am 26. Januar wissen. „Ich bitte um eine ausführliche und kommentierte Übersicht der geprüften Standorte mit den Beurteilungen der Stadtverwaltung“, schreibt er in einer Einzelanfrage an die Stadtverwaltung.

Michael Föll lässt Vorschläge prüfen

Am Montagabend haben sich auch die Sprecher der drei Flüchtlingsfreundeskreise zu Wort gemeldet und einen Brief an Bürgermeister Michael Föll sowie die Stadträte geschickt. Sie stellen in Frage, dass die Integration der Flüchtlinge am Standort Schlotwiese gelingen kann. „Nach den Geschehnissen in Köln muss man einfach zur Kenntnis nehmen, dass sich das Sicherheitsempfinden der Menschen signifikant verändert hat.“ Für die Integration und notwendige Betreuung sei es unabdingbar, dass es eine breite Unterstützung aus der direkten Nachbarschaft gebe. „Doch die Gespräche mit den anliegenden Vereinen haben gezeigt, dass die Unterstützung fehlt beziehungsweise nicht leistbar ist“, heißt es in dem Brief.

Mit der aktuellen Mitgliederzahl der Freundeskreise sei die Integration nicht zu stemmen. „Schon jetzt sind Grenzen in der ehrenamtlichen Arbeit erreicht.“ Es gebe bereits Abmeldungen vom Verteiler der Flüchtlingsfreunde, weil Menschen an der Kluft zwischen ihren eigenen Wünschen und den Möglichkeiten im Alltag gescheitert seien. „Gibt es keine besseren Standorte? Nirgendwo?“, fragen die Sprecher der Freundeskreise und weisen ohne Wertung auf Flächen in Zuffenhausen hin, die optional eventuell in Frage kommen könnten. Da wäre zum Beispiel das Areal an der Ecke Ludwigsburger/Frankenstraße, auf dem öfter mal ein Zirkus gastiert. Oder der Festplatz. Michael Föll sagte am Dienstag auf jeden Fall zu, diese Flächen prüfen zu lassen und die Ergebnisse in der Bezirksbeiratssitzung vorstellen zu lassen.