Vor 35 Jahren starb die kleine Ursula Herrmann in einer vergrabenen Kiste. Nun will ihr Bruder Schmerzensgeld vom verurteilten Kidnapper. Dass Michael Herrmann an einem Tinnitus leidet, bezweifelt niemand. Doch die Chancen für seine Klage sind wohl trotzdem nicht groß.

Augsburg - Im Schmerzensgeldprozess um den Tod der kleinen Ursula Herrmann vor 35 Jahren hat ein Gutachter die Tinnitus-Erkrankung ihres Bruders bestätigt. Michael Herrmann verlangt von dem zu lebenslanger Haft verurteilten Kidnapper 20 000 Euro Schmerzensgeld, weil er seit dem Prozess gegen den Täter einen Tinnitus habe, der ihn als Musiker und Lehrer störe. Das Urteil soll im Februar verkündet werden.

 

In dem Verfahren vor dem Augsburger Landgericht sagte der medizinische Sachverständige am Donnerstag, dass Michael Herrmann die Erkrankung aufgrund der Belastungen durch die Festnahme des Täters im Jahr 2008 und den anschließenden Prozess erlitten habe. Herrmann habe zwar auch bereits 2005 schon einmal einen Tinnitus gehabt, die Gewalttat an seiner Schwester sei aber auch dort Auslöser gewesen.

Täter bestreitet bis heute die Tat

Der Fall Ursula Herrmann ist eines der spektakulärsten Verbrechen in der Geschichte der Bundesrepublik. Das zehnjährige Mädchen war 1981 am Ammersee verschleppt und in einer Kiste vergraben worden. Ursula erstickte darin. Erst 27 Jahre später wurde der Täter in Kappeln in Schleswig-Holstein gefasst und in Augsburg angeklagt. Der Mann bestreitet trotz seiner Verurteilung bis heute die Tat.

Insofern wird von dessen Anwalt auch nicht die durch das Gewaltverbrechen und die Folgen ausgelöste Tinnitus-Erkrankung von Ursulas Bruder bestritten. Verteidiger Walter Rubach sieht vielmehr seinen Mandanten als den falschen Beklagten, da er mit Ursulas Tod nichts zu tun habe. Rubach und auch Kläger Michael Herrmann erhoffen sich von dem Zivilprozess neue Hinweise, damit das umstrittene Strafverfahren noch einmal neu aufgerollt werden kann. Michael Herrmann hat mehrfach Zweifel an der Alleintäterschaft des verurteilten Mannes geäußert.

Das Landgericht will nun am 16. Februar eine Entscheidung in dem Schmerzensgeldprozess verkünden. Die Kammer hatte allerdings bereits Zweifel an den Erfolgsaussichten der Klage Herrmanns geäußert. Die Richter meinten, es sei fraglich, ob die Verursachung der Erkrankung dem verurteilten Täter direkt zugerechnet werden könne. Grund für die Erkrankung sei nach den bisherigen Angaben mehr das Strafverfahren und die nach Herrmanns Ansicht lückenhafte Aufklärung des Falls gewesen.