Ingeborg Heeß leitet seit 25 Jahren den Seniorentreff Schmiden. Die 62-Jährige ist sich sicher, dass die Besucher des Treffs älter werden, als die Senioren, die immer nur vor dem Fernseher hocken.

Rems-Murr: Sascha Sauer (sas)

Schmiden - Schafft sie das? Da war sich Ingeborg Heeß anfangs nicht sicher. Hatte die Stelle als Leiterin des Seniorentreffs Schmiden doch so gar nichts mit ihrem eigentlichen Beruf zu tun. Als Metallografin untersuchte sie Kolbenbolzen, Nockenwellen und Zylinderbüchsen. Da braucht es Kenntnisse in Physik und Chemie. Jetzt waren andere Fähigkeiten gefragt. Doch dann merkte Ingeborg Heeß rasch, dass es passte, dass die Chemie zwischen ihr und den Senioren stimmte.

 

Man kann sich gut vorstellen, wie sie sich damals – gerade mal 37 Jahre alt – gefühlt haben mag, als sie erstmals in die vielen neuen alten Gesichter schaute. Das war im Jahr 1989. „Das Schwierigste war, mir all die Namen der Senioren zu merken“, sagt Ingeborg Heeß. Die junge Frau strengte sich an, prägte sich extra die Tischsitzordnung ein und gewann so das Vertrauen der älteren Menschen. Das Eis war gebrochen.

Die Stelle ist damals ein richtiger Glücksfall

25 Jahre lang ist das jetzt her. Eine lange Zeit. „Es war ein richtiger Glücksfall“, sagt die heute 62-Jährige. Damals suchte sie eine neue Herausforderung. Ihren Job als Metallografin hatte sie mit der Geburt ihres ersten Sohnes aufgegeben, das Leben als Hausfrau forderte sie intellektuell nicht genug. Da kam das Angebot von Pfarrer Peter Guske, als Nachfolgerin von Johanna Kiechle die Stelle der Leiterin des Seniorentreffs zu übernehmen. Trotz Zweifel sagte sie ja. Am 22. August 1989 war ihr erster offizieller Arbeitstag.

Ingeborg Heeß ist gerne mit den Senioren zusammen. „Ich habe Respekt vor deren Lebenserfahrung. Einige der früheren Besucher haben sogar beide Weltkriege miterlebt.“ Insbesondere schätzt sie die Vertrautheit, die zwischen ihnen besteht. Und wenn es Nöte und Sorgen gibt, hilft die Schmidenerin auf ihre ganz eigene Art. „Ich bin ein positiver Mensch, ein Optimist, das ist ansteckend.“

Anfangs musste Ingeborg Heeß lernen, mit dem Tod umzugehen. Es kam vor, dass ein Besucher dienstags noch das Treffen besuchte und die Woche darauf bereits beerdigt war. „Das hat mich als jüngere Frau stark mitgenommen“, erzählt sie. Heute kommt sie damit klar. Aber etwas anderes belastet sie: „Wenn die Besucher ins Seniorenheim umziehen müssen, dann schaffe ich es zeitlich nicht, sie dort zu besuchen.“

Früher sind die Besucher deutlich jünger gewesen

Zu Beginn ihrer Tätigkeit seien die Besucher deutlich jünger gewesen, sagt die Leiterin. Viele kamen schon mit Anfang 60 ins Dietrich-Bonhoeffer-Haus. Aber das Alter lässt sich ihrer Meinung nach nicht in Lebensjahren messen. „Die Senioren sind heute länger aktiv, sie fahren Auto und machen mehr Sport.“

Das zeigt sich auch an den Aktivitäten im Seniorentreff. Im Jahr 1989 gab es genau drei Kurse, die angeboten wurden: Basteln, Karten spielen und Gymnastik. Heute sind es viel mehr. Um nur einige davon zu nennen: Gedächtnistraining, Qi Gong, Englisch, Französisch, Literaturkreis. Ebenso gibt es eine Männerkochgruppe und seit kurzem auch eine Theatergruppe.

Seit 1999 gibt es dienstags einen Programmnachtmittag. An 42 Tagen im Jahr werden Referenten eingeladen, die Vorträge halten, Musik machen oder über ihre Reiseerlebnisse berichten. Die gesamte Vorbereitung liegt in den Händen von Ingeborg Heeß. Und das ist nur eine ihrer vielen Aufgaben. Zu ihrem Job gehört noch viel mehr: Sie schreibt Pressemitteilungen, besucht Sitzungen mit Verantwortlichen der Stadt, achtet darauf, dass die Kurse laufen und die Honorarkräfte bezahlt werden. „Ich bin nicht bloß die Grußtante“, sagt sie.

Das wichtigste seien aber ihre „Perlen“, sagt Ingeborg Heeß. Damit meint sie ihre rund 20 ehrenamtlichen Helferinnen, die freitags und sonntags die Seniorencafés ausrichten. Ingeborg Heeß macht ihre Arbeit mit Freude, und sie ist sich sicher: „Senioren, die in den Treff kommen, werden älter als die, die immer nur vor dem Fernseher sitzen.“